Color Research Vol.2

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Zauberhaftes Fachwerk

Die Faszination einer alten Handwerkskunst

von alter Handwerkskunst, Ornamenten und starker Farbe

Unsere Vorstellung eines romantischen deutschen Städtchens ist eng verknüpft mit traditioneller Fachwerkarchitektur. Wie kaum ein anderes Land der Erde besitzt Deutschland einen Fachwerkschatz von rund 2,5 Mio. Gebäuden. Eine Fahrt entlang der Deutschen Fachwerkstrasse von der Elbe bis zum Bodensee ist eine Reise durch die Geschichte des Fachwerks mit seinen verschiedenen typischen Fachwerkstilen, Formen und Farbnuancierungen. Aber was macht diese Faszination eigentlich aus?

Fachwerkarchitektur erfüllt(e) nicht nur höchste ökologische Ansprüche, sondern wird auch höchsten ästhetischen Ansprüchen gerecht. Es ist die Einheit aus Holzfachwerk (tragende Ständer, horizontale Schwelle und Riegel und schräg eingebauter Streben), Gefach (Mauerwerk, Sichtbacksteine oder Bruchstein oder mit Lehm verputztes Holzgeflecht) und je nach Erbauungszeit und Region unterschiedlich stark ausgeprägten Schmuckformen, wie Holzschnitzwerk mit Bemalung, farblich gefasste Gefache oder die Anordnung der Klinker in den Zwischenräumen. Kurz gesagt, Fachwerk vereint Baukunst, Ornamentik und Farbe in reinster Vollendung.

von alter Handwerkskunst, Ornamenten und starker Farbe

Der Fachwerkbau bestimmt noch heute das Bild ganzer Altstädte und Dorfkerne. Er überrascht durch die Vielzahl regional unterschiedlicher Konstruktionsdetails und Schmuckelemente. Fachwerk wurde mindestens schon seit dem 16. Jh. aus optischen und konservierenden Gründen mit Farbe gestrichen. Die häufigsten Fachwerkfarben Rot (‚Ochsenblut‘), Braun, Schwarz und Gelb sind fast immer Eisenpigmente. Die Gefache wurden häufig weiß gekalkt oder erscheinen in leicht verhüllten Weißtönen durch Zugabe von Eisenoxid- oder Pflanzenschwarz. Seltener in Hellblau (Ultramarin) oder Gelb (Ocker). Zierlinien (Kontur und Begleitstriche) in Bunt- oder Unbuntnuancen waren traditionelle Bemalungen, also quasi Schmuckwerk an den Gefachen.

Niedersächsisches Fachwerk:

Der „niedersächsische“ Fachwerkbau fällt besonders durch seine reichen, geschnitzten Schmuckformen auf, die in Mittel- und Süddeutschland wesentlich seltener auftreten. Im westfälisch-niedersächsischen und auch im thüringischen Siedlungsraum sind besonders braune, grüne und graue Farbtöne häufig anzutreffen. Auch schwarzes Fachwerk ist weit verbreitet, beispielsweise im Sauerland. Im Kontrast zur Balkenfarbe werden wertvolle Schnitzereien meist in polychromer Farbigkeit abgesetzt.

Fränkisches Fachwerk:

Der fränkische Fachwerktyp besticht durch die Verspieltheit seiner Ornamentik. Andreaskreuze, Feuerböcke, Rosetten, Rauten, Schnitzwerk an Pfosten und Ständern sowie Putzintarsien sind Teil dieses reichhaltigen Formenrepertoires, das um 1600 seinen Höhepunkt erreicht hatte. In der fränkischen und alemannischen Region überwiegen stark gesättigte rote und braune Farbnuancen.

Alemannisches (oberdeutsches) Fachwerk:

Die Fassaden wirken durch die klaren Konstruktionslinien und durch den weiten Abstand der Ständer. Die Kernzone spiegelt der Abschnitt „Vom Neckar zum Schwarzwald und Bodensee“ der Deutschen Fachwerkstraße wider. Als herausragende Beispiele alemannischen Fachwerks in „ausentwickelter“ Form gelten die Rathäuser von Esslingen am Neckar, Besigheim und insbesondere von Markgröningen, „ein wundervoller und imponierender Bau von auffallend harmonischer Gestaltung und monumentaler Wirkung, der ohne Zweifel zu den schönsten Fachwerkhäusern in Deutschland zählt“.