Hildesheimer Campus Zeugnis eigener Kreativität
Farbgestaltung wertet Architektur auf
Lehrende und Studierende der Fakultät Gestaltung haben sich im neuen Campus der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen am Weinberg in Hildesheim eingerichtet. „Ein so schöner und moderner Campus ist ein Geschenk für die Hochschule und für die Stadt. Er bietet Raum für ein neues Miteinander, für Kreativität im Austausch über die Fächergrenzen", hatte die HAWK-Präsidentin Prof. Christiane Dienel anlässlich der Eröffnung im Oktober des vergangenen Jahres gesagt. Lehrer- und Studentenschaft hörten es mit Stolz. Denn der mit lobenden Worten bedachte Campus ist, was das Erscheinungsbild und Funktionen betrifft, in weiten Teilen ihr Werk.
Neuer Campus für Hildesheimer Hochschule
Die Hildesheimer Hochschule kann auf eine lange und erfolgreiche Entwicklung zurückblicken. Hervorgegangen ist sie aus der 1900 gegründeten Königlichen Baugewerkschule Hildesheim. Mit anderen niedersächsischen Bildungseinrichtungen zur HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst vereinigt, erwarb sie sich mit ihrem spezifischen Angebot einen guten Ruf. Doch allein in Hildesheim brachte sie es zuletzt auf acht Standorte. Mit der Entscheidung der Stadtväter, das am Weinberg ansässige nicht mehr zeitgemäße Klinikum abzureißen, eröffnete sich die Möglichkeit, im Herzen von Hildesheim den HAWK-Campus anzusiedeln und damit günstigere Rahmenbedingungen für Lehre und Forschung zu schaffen. Rund 52 Millionen Euro hat das Land in den Campus mit seinen 9600 Quadratmeter Nutzfläche investiert. Gewonnen wurde ein privater Investor, der die Bauten nach Plänen von Hochschule und Wissenschaftsministerium errichtete und den fertigen Campus an das Land Niedersachsen verkaufte. Entstanden ist ein Gebäudeensemble, das aus vier funktionsorientierten Neubauten besteht, einem sieben-geschossigen Bibliotheks-Hochhaus und einem modernisierten Altbau. Darin Einzug gehalten haben neben der Bibliothek die Fakultät Gestaltung und Teile der Fakultät Bauen und Erhalten.
Gestaltungsaufgaben in Studium integriert
Es lag nahe, dass die Studierenden die Gestaltung der Bauten und des baulichen Umfeldes zu ihrer eigenen Sache machen. „Wir haben dem Ganzen Leben eingehaucht" resümieren Prof. Günter Weber, Campusbeauftragter, und Prof. Markus Schlegel, Studiendekan der Fakultät Gestaltung. Durch die frühzeitige Integration der unterschiedlichen Sparten der Bereiche Bau und Gestaltung in die Planung sei es gelungen, die Architektur aufzuwerten. „Bevor die Bagger anrollten, haben wir begonnen, uns in Workshops mit Fragen zu beschäftigen wie dem zeitgemäßen Erscheinungsbild von Bildungsbauten, Erfordernissen eines Wegeleitsystems und der Funktion von Information in Form der dann realisierten ‚Signline’, die als Key Visual den Gesamteindruck prägt, " so Prof. Dominika Hasse, Leiterin des Kompetenzfeldes Branding Design. In kreativem Meinungsaustausch wurden Ideen zur Gestaltung der Fassaden, der Eingangsbereiche und zur Benennung der Häuser geboren. Die von den Kompetenzfeldern Branding Design, Innenarchitektur und Farbdesign begleiteten Seminare, Werkstattgespräche und Diskussionen mündeten in konkrete Lösungsvorschläge und Gestaltungskonzepte. Das zentrale Anliegen bildete in jedem Fall, die Wahrnehmung der HAWK in der Öffentlichkeit, die Identifikation mit der Bildungsstätte und das Gemeinschaftsgefühl von Studierenden, Lehrenden und allen weiteren Mitarbeitern der einzelnen Einrichtungen zu fördern.
Ausgehend von der Erkenntnis, dass die Fassaden das Erscheinungsbild des Campus in entscheidendem Maße bestimmen, spielte die Farbgestaltung im Findungsprozess eine besondere Rolle. Die Herausforderung bestand darin, Bestandsgebäude, Tower in Klinkerbauweise und Neubauten bei aller Unterschiedlichkeit der Architektur durch die Farbe zu einer Einheit zu verschmelzen, ohne in Monotonie zu verfallen. Weiß als Einheitsfarbe wurde verworfen. Anhand von Mustern wurde in Workshops die Eignung von „farbigem Grau” als Grundton diskutiert. Die Lösung sah vor, den dominanten nichtkubischen Bestandsbau mit Satteldach in dunkles Grau zu hüllen und den Farbton mit abnehmender Größe der Häuser aufzuhellen, ist von Prof. Schlegel, Leiter des Kompetenzfelds Farbdesign, zu hören. Eine belebende und verbindende Wirkung auf das Zusammenspiel der einzelnen Baukörper und Fassaden besitzt das Orientierungssystem Signline, das in der Kombination von Linie und Schrift deutlich macht, welche Gestaltungsdisziplinen in den jeweiligen Gebäuden zu Hause sind , erläutert Prof. Hasse, Prodekanin und beim Campusprojekt verantwortlich für Signline und Branding. Ein Hintergedanke bei der Wahl der dunklen Grundfarbe sei auch gewesen, sich die Möglichkeit offen zu halten, statt schwarzer Schrift auf hellen Körper weiße Schrift auf dunklen Körper aufzutragen.
Kluge Ideen mit effektiven Lösungen umgesetzt
Bei der Ausschreibung der Fassadenarbeiten erhielt die Wallintin Maler und Trockenbau GmbH aus Halberstadt den Zuschlag, die sich im Einverständnis mit dem Auftraggeber des Rates und der Unterstützung des renommierten Herstellers Caparol versicherte. Sein innovatives Angebot und die Kompetenz in Anwendungsfragen erwiesen sich als hilfreich bei der Umsetzung der von Lehrer- und Studentenschaft gemeinsam erarbeiteten Konzepte und Ideenentwürfe. Einen wichtigen Beitrag zur Entscheidungsfindung leistete Anwendungstechniker Carsten Schmidt durch die Bereitstellung von Musterflächen in den unterschiedlichsten Farbtönen. Mit den Verkaufsberatern Tino Kunze und Axel Schmidt-Adlung standen während der Arbeiten Partner zur Verfügung, die jederzeit ansprechbar waren. Tino Kunze empfahl unter anderem, im Capatect WDVS statt eines mineralischen den hochwertigeren Silicconharzputz zu verwenden. Weil es schwierig sein kann, mit dunklen Grauputzen ein einheitliches Fassadenbild herzustellen, plädierten Verarbeiter und Hersteller übereinstimmend für einen abschließenden Anstrich mit der mattglänzenden Siliconharz-Bindemittelkombination ThermoSan. Sie sorgt durch die Nano-Quarz-Gitter Struktur für langfristig saubere Fassaden.
Beim Aufbringen des Wärmedämm-Verbundsystems auf den Bestandsbau galt es, die vom Ursprung her vorhandene Dreidimensionalität zu erhalten. Als akzeptable Methoden erwiesen sich Aufdopplungen und die Verwendung unterschiedlicher Dämmplattenstärken. Auf diese Weise wurde unter anderem die Optik des früher vorhandenen umlaufenden Gurtgesimses nachempfunden. Viel Mühe investierte die mit der Farbgestaltung der Innenräume betraute Hildesheimer Habekost Malereibetrieb GmbH in die Glättung der Oberflächen. Vor dem zweimaligen Anstrich mit der Wand- und Deckenbeschichtung CapaDin wurde ein Spachtel aufgespritzt und die Oberfläche mit Gewebe glattgezogen. Die weißen Wandflächen dienen im Studienbetrieb weitgehend der Entfaltung eigener Kreativität.
Es ist in partnerschaftlichem Miteinander von Theorie und Praxis gelungen, den Campus mit seiner einfachen geometrisch geprägten Architektur so zu gestalten, dass er dem Anspruch einer Bildungseinrichtung, die sich diesem Inhalt widmet, gerecht wird. Dafür spricht auch, dass im angrenzenden Wohngebiet die Tonalität von vielen Bewohnern mit Zustimmung aufgenommen worden ist. Als einzige Hochschule im Lande, auf deren Studienplan Farbdesign als Vollstudium steht, besitzt die HAWK ein gesundes Selbstbewusstsein, der neue Campus am Weinberg mit den neu entstandenen und hochmodern ausgerüsteten Werkstätten und Laboren lässt sie, so Prof. Markus Schlegel, mit noch mehr Optimismus in die Zukunft blicken.
Autor: Wolfram Strehlau
Fotos: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Axel Schmidt-Adlung
Bautafel
Objekt:Campus am Weinberg der HAWK Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen
Auftraggeber:System & Industriebau Goslar, 38640 Goslar, Oberer Triftweg 18
Ausführung WDVS:Wallintin Maler und Trockenbau GmbH Halberstadt
Straße der Opfer des Faschismus 31, 38820 Halberstadt
Innenanstriche:Habekost Malereibetrieb GmbH
Lerchenkamp 15, 31137 Hildesheim