Unterirdische Kunst vor strahlendem Weiß
Der Erweiterungsbau des Städel Museums in Frankfurt
„Museen haben in ihrer DNA ein Wachstums-Gen, sie müssen wachsen, weil ihre Sammlungen wachsen." Der dies sagt, muss es wissen: Max Hollein ist Direktor des Städel Museums in Frankfurt und vor kurzem um 3.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche reicher geworden. Der inzwischen seit der Städel-Gründung fünfte Erweiterungsbau wurde in knapp zweieinhalbjähriger Bauzeit errichtet und schließt an den Gartenflügel aus dem Jahre 1878 an, um Raum für 330 illustre Werke der Gegenwartskunst zu schaffen. Wer nun aber ein Aufsehen erregendes Gebäude erwartet, wird zunächst enttäuscht, dann aber überrascht sein. Denn die Kunst hat eine unterirdische Herberge bekommen: Nur eine sanfte Erhebung sowie 195 runde Öffnungen lassen erahnen, dass dort unter dem Rasen des Innenhofes mehr sein muss als nur gewöhnliche Großstadterde. Tatsächlich ist die Krume ausgesprochen dünn, der Beton gleich darunter dafür umso dicker. Schließlich spannt er sich über Werke von Gerhard Richter, Georg Baselitz oder auch Martin Kippenberger. Malerei, Fotografie, Skulpturen und Grafiken der jüngsten Zeit sind dort unten versammelt, in einer gänzlich in Weiß getauchten Halle, die durch eingestellte Wandscheiben Struktur bekommt. Zwölf Säulen nur tragen die Decke und geben der Halle jene Flexibilität, die Ausstellungskuratoren so schätzen. Bis zu acht Meter hoch ist die Decke an jener Stelle, wo sie sich sanft zu einer angedeuteten Kuppel hochschwingt – und oben die erwähnte Wölbung im Rasen erzeugt. In der Halle dann erschließt sich auch die Funktion der runden Öffnungen: Es sind Fenster, zwischen 1,5 und 2,5 Meter groß, die den Bezug zum Außenraum herstellen und die Kunst mit natürlichem Licht fluten. Jedes dieser Bullaugen-Oberlichter wird zudem durch einen Ring aus warm- und kaltweißen Leuchtdioden eingefasst, die konservatorisch einwandfreies Kunstlicht produzieren.
Weiße Wanne vor Anker
Hervorgegangen ist der auch als Gartenhallen bezeichnete Neubau aus einem Wettbewerb, der im Herbst 2007 verschiedene renommierte Architekturbüros einlud. Als Gewinner gingen die Frankfurter Schneider + Schumacher hervor, die zusammen mit den Berliner Ausstellungsarchitekten Kuehn Malvezzi ans Werk gingen. Und das umfasste neben dem Neubau auch die Sanierung des Altbaus, unter der Zugang zur Untertage-Kunst sozusagen eingeschoben wurde. Die Halle selbst ist, dem Grundwasserpegel geschuldet, als dichte weiße Wanne konzipiert und wird von zahlreichen Bohrankern am Aufschwimmen gehindert.
Weiße Halle für die Kunst
Über eine breite Treppe geht es nun aus dem Metzler-Foyer des Altbaus hinab in die Gartenhallen, wo nicht etwa Düsternis, sondern lichtes Weiß dominiert. Genau genommen ist Weiß die einzige Farbe dort unten, abgesehen von den Exponaten, die teils von Buntheit sprühen. Die kompromisslose Weißfassung geht auf die Wünsche der Kuratoren zurück, die sich bewusst dagegen entschieden hatten, vor farbigen Wänden zu hängen. Die Ausstellungsmacher versprechen sich vom weißen Raum eine noch eindrucksvollere Wirkung der Kunst. Doch die Flächen sollten keinesfalls nur weiß gefasst sein: Verlangt wurden Oberflächengüten der Gruppen Q3 und Q4, auch auf den eingestellten Wänden, die als Holzkonstruktion erstellt wurden. Eine weder alltägliche noch einfach umzusetzende Anforderung, die nur mit ganz bestimmten Werkstoffen realisierbar war. So erhielt die Holzkonstruktion zunächst eine absperrende Grundierung mit Capacryl Holz-IsoGrund. Danach folgte eine ganzflächige Kaschierung mit Capaver AkkordVlies Z, verklebt mit dem lösemittelfreien Capaver CapaColl GK. Auf diese Weise wird der Untergrund bereits grob egalisiert und Rissbildungen vorgebeugt. Die eigentliche Glättung übernimmt die mehrschichtige Spachtelung mit Caparol-Akkordspachtel SF, dazu immer feinere Zwischenschliffe, bis schließlich der zweifache Anstrich mit Caparol MattLatex das Finish abschließt.
Robust und ästhetisch
All diesen Arbeiten voraus ging die Festlegung des Weißtones, denn bekanntlich ist Weiß nicht immer gleich weiß. Zur Abstimmung zusammen mit den Ausstellungsarchitekten und den Kuratoren wurden auch farbechte Kopien der späteren Exponate herangezogen, um den visuellen Zusammenklang exakt zu studieren. Wichtig war den Kunstexperten selbstverständlich auch, dass die Farbe keine Lösemittel oder andere Schadstoffe emittiert, die die wertvolle Kunst davor schädigen könnten. Diese Bedingungen erfüllt die Caparol MattLatex voll und ganz – mehr noch: Sie ist tuchmatt und dennoch robust genug, um lange optisch makellos zu bleiben. Schließlich laufen Dauerausstellungen durchaus über fünf bis zehn Jahre, abgesehen von einzelnen Exponatenwechseln sollte der Bildhintergrund, also die Wand, im Großen und Ganzen annähernd gleiche „Renovierungszyklen" aufweisen.
Autor: Armin Scharf
Fotos: Norbert Miguletz, Städel Museum, Frankfurt am Main