Mit attraktiven Farbkonzepten neue Mietergruppen gewinnen
Von der grauen Wohnhauszeile zum Vorzeigeobjekt
Von der grauen Wohnhauszeile zum Caparol-Vorzeigeobjekt: Nach der Modernisierung ziehen in den Darmstädter Haardtring 258 bis 274 mehr Studenten ein.
Die vor gut einem Jahr modernisierte und farblich akzentuierte Häuserzeile Haardtring 258 bis 274 ist ein Vorzeigeobjekt der Ober-Ramstädter Firma Caparol. Der Eigentümer des Gebäudes, die Deutsche Annington, will durch die Standortaufwertung vor allem Studenten als Mieter an sich binden.
Farbgestaltung im Haardtring zieht Blicke auf sich
Wer den grauen, immer mehr verfallenden Darmstädter Südbahnhof verlässt, wird nach wenigen Schritten mit einem erfreulicheren Anblick belohnt. Sogar an Nebeltagen fällt die Gebäudezeile auf der gegenüberliegenden Straßenseite durch ihre dynamische, unregelmäßig wiederholte Farbkombination auf. Unwillkürlich beginnt man, die Komponenten zu zählen. Es sind derer sieben, wobei sich die Haupttöne im roten bis rotvioletten Bereich bewegen: Barolo und Arctis in jeweils zwei Abstufungen, Aprico, Papaya und Grenadine.
„Nirgends wird so viel Persönliches eingebracht, wie bei der Farbgestaltung, sagt Carmen Rubinacci, Teamleiterin Objekt vom Caparol-FarbDesignStudio in Ober-Ramstadt, einem der modernsten in der Branche. Farben geben Orientierung und Gliederung, wecken Gefühle und Erinnerungen. Über 1000 Objekte im Jahr werden von den 25 Mitarbeitern des Farb-Design-Studios erarbeitet. Der Haardtring gehörte Ende 2013 dazu.
Investition für neue Mieter
Wohnungsbaugesellschaften müssen um gute Mieter kämpfen, um Leerstände zu verhindern. Ein Mittel zur Aufwertung – selbst für Häuser in schlechteren Lagen – ist eine neue Farbgestaltung, die etwa 20 Jahre halten kann. In der Gesamt-Sanierung gilt sie als wichtiger Marketing-Faktor. Sie vermittelt den Mietern die Botschaft: Wir tun etwas für euch – und für das Stadtbild.
Der Eigentümerin der Wohnanlage im Haardtring 258 bis 274, der Deutschen Annington, gehören in Darmstadt knapp 1400 Wohnungen. Über 1000 werden bis Ende 2015 energetisch modernisiert, und jedes Objekt soll möglichst eine individuelle, unverwechselbare Note haben.
Zwar gebe es in Darmstadt keine Probleme mit Leerständen, versichert Robert Wagner, der zuständige Regionalleiter der Deutschen Annington, aber die Attraktivität der Gebäude solle langfristig für verschiedene Zielgruppen gesteigert werden. Das Gebäude im Haardtring, von der Lage her als „normal" eingestuft, eignet sich Wagners Einschätzung nach gut für Studenten. Sie gelten als verlässliche Mietergruppe. Denn wenn sie nach wenigen Jahren ausziehen, stehen schon ihre Kommilitonen als Nachmieter auf der Schwelle. Jeder Regionalleiter ist für seinen jeweiligen Gebäudebestand verantwortlich und plant auch das Modernisierungsprogramm. Dafür hat der Immobilien-Riese Annington allein im Jahr 2014 bundesweit mehr als 160 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Farbenkombination setzt professionelle Kenntnisse voraus
Die Wohnanlage im Haardtring war schon in den neunziger Jahren modernisiert und wärmegedämmt worden. Vor einem Jahr wurden zusätzlich Balkone angebaut, Außenanlagen verschönert, Begegnungsflächen hinter den Gebäuden geschaffen und Fassadenfarben ausgewählt, die vor allem junge Leute und ihr Lebensgefühl ansprechen.
Eine Farbenkombination wie im Haardtring setzt professionelle Kenntnisse voraus. Denn Farben interagieren – ein und derselbe Farbton kann je nach Umgebung ganz anders wirken. „Farbkonzepte sind eine Mischung aus Wissenschaft, Theorie, Gespür und Erfahrung", erklärt Carmen Rubinacci. Bei der Fassadengestaltung arbeiten Farbdesigner, Architekten, Innenarchitekten, Multimediaspezialisten und Malermeister zusammen.
Bevor dem Auftraggeber die ersten Entwürfe vorgelegt werden, wird das Gebäude und seine Lage analysiert. Ist es hoch oder flach, schmal oder breit? In welcher Himmelsrichtung steht es? Welche Funktion hat es? Was soll hervorgehoben, was kaschiert werden? Und wie sieht die Umgebung aus? Die Bäume in der unmittelbaren Nachbarschaft müssen bei der Farbauswahl ebenso berücksichtigt werden wie Gesims und Dach.
Auch die geografische Lage spielt eine Rolle. In Norddeutschland werden andere Farben als im Süden bevorzugt. Während es die Hanseaten stilvoll und zurückhaltend mögen, wünschen die Bewohner des sonnenverwöhnten Südens kräftigere Töne.
Theoretisch ist der Farbraum unbegrenzt. Das in Farbkarten dargestellte Spektrum von Caparol enthält 1368 Töne mit Verdichtungen bei Rot und Gelb, die in diesem Kulturraum besonders gefragt sind – im Gegensatz zu Violett. Als ein Darmstädter Investor sein Hochhaus in den Farben eines Parfümfläschchens angelegt haben wollte, war auch diese gewagte Kombination technisch umsetzbar.
Keine Graue-Maus-Farben
Für den Haardtring bekam Farbdesignerin Chariklia Adamopoulou nur zwei Vorgaben: bitte keine Graue-Maus-Farben und: etwas Außergewöhnliches soll es sein, das farbgestalterisch den Nerv der Zeit im Wohnungsbausektor trifft. Aus fünf Farbentwürfen wurde schließlich das Konzept mit einer klassisch strukturierten Fassadenaufteilung ausgewählt und entwurfsgetreu umgesetzt.
„Nicht alle haben so viel Farbenmut", sagt DAW-Mitarbeiter Günter Auf der Landwehr, der dem ausführenden Malerbetrieb Drei Schilde aus Mühlhausen beratend zur Seite stand. Er hat schon öfter mit der Deutschen Annington und speziell mit Robert Wagner zusammengearbeitet und weiß, dass dieser sich immer für das Besondere, Unverwechselbare entscheidet. Während der Entwurfsphase kamen dem DAW-Mitarbeiter Bedenken: „Das wird ja aussehen wie eine Bonbonfabrik", fürchtete er. Inzwischen muss er zugeben, dass die farbenfrohe Wohnzeile der optische Star im Haardtring ist und die Nachbargebäude richtig langweilig aussehen lässt.
Farbe schützt vor Veralgung
Wegen ihrer leichten Veralgung wurde die Häuserfassade zunächst mit Capatox behandelt. Der Anstrich erfolgte mit der Silikonharzfarbe Muresko von Caparol, weil sie die größte Farbtonvielfalt bietet. Für die rund 4000 Quadratmeter Wandfläche wurden etwa 2000 Liter Farbe verbraucht.
Steffen Weiß vom Malerbetrieb Drei Schilde lobt die reibungslose Zusammenarbeit mit der Deutschen Annington und Caparol. Eine besondere Herausforderung sei es für seine zehn bis fünfzehn Mitarbeiter gewesen, die einzelnen Flächen gerade und sauber abzukleben. „Dafür braucht man Facharbeiter mit Erfahrung, aber meine Jungs können das".
Farbkonzept kommt gut an
Wie kommt dieses Farbkonzept nun bei den Mietern im Haardtring an? Sie haben Robert Wagner zwar keine direkte Rückmeldung gegeben, aber er ist mit der indirekten hochzufrieden. „Die Mieterfluktuation ist deutlich heruntergegangen. Und wenn doch ein Kunde auszieht, interessieren sich besonders Studenten für die Wohnung." Stolz fügt er hinzu, dass die deutschlandweite Konkurrenz die Farbkonzepte der Annington-Gebäude bereits kopiere.
Autor: Petra Neumann-Prystaj
Bautafel
Objekt: Haardtring 258 bis 274
Auftraggeber: Deutsche Annington, Philippstraße 3, 44803 Bochum
Ausführung: Malerbetrieb Drei Schilde, Waidstraße 42, 99974 Mühlhausen, Steffen Weiß
Entwurf: Chariklia Adamopoulou
Betreuender Caparol-Mitarbeiter: Günter Auf der Landwehr, guenter-aufderlandwehr@caparol.de
Produkte: Capatox, Muresko