Stadion der Superlative
Die Allianz Arena beeindruckt auch durch glanzvoll gestaltete Innenräume
München meldet sich auf der Weltkarte der großen Fußballtempel wie Sansiro, Bernabeu oder Maracana zurück: Mit der Allianz Arena hat die bayerische Metropole eines der modernsten Stadien der Welt bekommen. Nur drei Jahre waren vom Bauantrag bis zur Eröffnung am 30. Mai 2005 vergangen.
Die neue Arena steht für eine moderne Interpretation des Themas Fußballstadion. Sie steht für innovative Architektur, aber auch für Zeitgeist und folgt damit in gewisser Weise den Spuren des Münchner Olympiastadions. Das Bauwerk mit der weltberühmten filigranen Zeltdachkonstruktion, das nie als reines Fußballstadion gedacht war, wurde 1972 von den Architekten Günther Behnisch und Frei Otto errichtet und zum baulichen Inbegriff für ein neues, lebendiges, demokratisches Deutschland.
Bauwerk mit magischer Ausstrahlung
Wie kaum ein zweites Bauwerk beeindruckt das Münchener Stadion durch seine „Tag-" und „Nacht-Architektur": als ruhiger, silbrig-neutraler Körper am Tag und als strahlende Kulisse bei Nacht. Grund hierfür ist die „transluzente" Hülle aus rautenförmigen ETFE-Folienkissen, die durch Veränderung der Beleuchtung je nach Spiel in den Vereinsfarben des FC Bayern, des TSV 1860 München oder in neutralem Weiß erstrahlen und das ganze Stadion zu einem einzigen Leuchtkörper machen, „zu einer Laterne", wie Jacques Herzog sagt. Diese Oberfläche verwandelt den massiven Stahl- und Betonbau in ein leichtes, transparentes Gebilde. Die luftige Materialität der Membrankonstruktion bildet die Voraussetzung für die Beleuchtung. Die Kunststoffhülle widersteht selbst rauher Witterung, ist schwer entflammbar und zu 90 Prozent lichtdurchlässig. Um die gewünschten Lichteffekte zu erzielen, sind jedem Luftkissen speziell für dieses Projekt entwickelte Leuchten zugeordnet, die den atemberaubenden Farbwechsel ermöglichen.
Projektbezogene Spezialbeschichtung
Um die imposante Farbigkeit der Hülle durch Reflexion auf die massiven Gebäudeteile zu übertragen und zugleich den Lichtfarben rot, blau und weiß eine neutrale Farbigkeit entgegenzusetzen, sah das Farb- und Materialkonzept der Architekten eine silberne, metallisch wirkende Materialität vor. Da dies aus Kostengründen nicht zum Beispiel in Edelstahl zu realisieren war, mußten neue Wege beschritten werden. Die von Caparol eigens hierfür entwickelte metallisch wirkende Spezialbeschichtung ermöglichte die Gestaltungswünsche der Architekten und berücksichtigte zugleich die finanziellen Zwänge des Investors.
„Vor zwei Jahren fragte das Münchner Büro von Herzog & de Meuron bei uns an, ob es möglich sei, die Oberfläche eines mit Effektlack beschichteten Betons zu einem vertretbaren Preis auch für großformatige Anwendung auf mineralischen Untergründen zu realisieren", berichtet Reinhard Franz vom Planer- und Objektservice der Caparol-Firmengruppe. Ausgehend von einem bereits existierenden Basismaterial wurde dieses daraufhin so lange weiterentwickelt und modifiziert, bis es den Wünschen und Anforderungen der Architekten entsprach.
In den Innenräumen sah das Farbkonzept den Einsatz von ebenfalls metallisch wirkenden Gold- und Bronze-Farbtönen vor. Auch diese Anforderungen konnten mit der entwickelten Produktqualität erfüllt werden. Nach einem umfangreichen Bemusterungsverfahren entschieden sich Bauherren, Generalunternehmer und Architekten für den Einsatz der Caparol-Werkstoffe. Sie verleihen Innenräumen wie Welcome-Zonen, Business-Club und verschiedenen VIP-Logen ein edles Ambiente und geben den Wandflächen auf der Esplanade ihr unverwechselbares Erscheinungsbild.
Service für Planer und Architekten
„Um Architekten größtmögliche Gestaltungsvielfalt zu bieten, gehört es zu unserem Verständnis, auf Materialwünsche einzugehen, selbst wenn dies zunächst schwierig erscheint und hierfür neue Materialien entwickelt werden müssen", sagt Franz. So sind derzeit bei hochkarätigen Bauvorhaben weitere Produktentwicklungs-Projekte in der Umsetzung. „Wir wollen diesen Weg bei besonderen Objekten weitergehen. Und es freut uns natürlich, wenn daraus letztlich zur Serienreife entwickelte Produkte für ein breiteres Anwendungsgebiet resultieren." So ist mittlerweile aus der zunächst eigens für die Allianz-Arena entwickelten Silberbeschichtung über Variationen in Gold und Bronze eine ganze Kollektion in klassischen aber auch trendigen Metallic-Farbtönen geworden.
Während mit Antik-Lasur, Seidenlatex, Dispersionsfarbe und Capalac Seidenmattlack Werkstoffe von Caparol überdies im Parkhaus-, Spieler- und Pressebereich sowie in den Mega-Stores von Bayern und 1860 für die farbige Gestaltung sorgen, präsentiert sich das Stadion-Innere selbst farblich eher zurückhaltend: Beton und eine eigens entworfene silberfarbene Bestuhlung. Die Architektur tritt zurück, um der Hauptsache zu dienen, dem Spiel von 22 Männern und einem Ball, noch vom letzten Winkel aus perfekt einsehbar. Es war das Wichtigste für Herzog & de Meuron, den Fußball ins Zentrum zu stellen. Das klingt banal, wurde jedoch noch nie so radikal gemacht wie hier. Der Zuschauer sollte möglichst nah ans Feld, so nah es ging. Obwohl es noch steilere Ränge gibt in Europa, ist nirgends die Nähe so ausgeprägt wie hier. Hier haben Herzog & de Meuron alles optimiert. „Das ist wie ein Topf", begründet Jacques Herzog die Architektur des Kessels, die dem Vorbild englischer Fußballstadien nachempfunden ist.
Auf einer Fläche von rund 37.600 Quadratmetern bietet die Allianz Arena auf drei regengeschützten Rängen 66.000 Sitzplätze, 3400 Business-Sitze und 106 Logen in unmittelbarer Nähe zum Spielgeschehen – ein Kessel für Emotionen, der den Fußballfans das Gefühl vermittelt, ganz nah am Ball zu sein. Die Infrastruktur des Stadions ist vorbildlich: Gastronomie- und Erlebniswelten auf 6500 Quadratmetern, Fanshops, Büros und Konferenzräume sowie großzügig angelegte Medienbereiche und schließlich – trotz U-Bahn-Anschluß – 11.000 Parkplätze, 1200 davon sogar im Stadion-Bereich für VIPs und Mannschaften.
Die Kosten des Neubaus von rund 340 Millionen Euro tragen die beiden Fußballclubs TSV 1860 München und Bayern München zu gleichen Teilen, der Münchner Versicherungskonzern Allianz AG als Namensgeber wird die beiden Bauherren um eine beachtliche Summe entlasten. Weiterer Kostenfaktor sind die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen – Ausbau der U-Bahn-Strecke zwischen Marienplatz und Fröttmaning, Neubau des U-Bahnhofs Fröttmaning und der Bau der gesamten städtischen Straße rund um die Allianz-Arena. Diese Kosten von ca. 160 Millionen Euro werden etwa zur Hälfte gefördert von Bund und Land.
Die Allianz Arena ist ganz ohne Zweifel ein Bauwerk der bautechnischen und logistischen Superlative, ein neues Wahrzeichen der Stadt und ein Publikumsmagnet - vor allem anderen aber ist es eines: ein Stadion für Fußballfans.