FASSADEN-POWER
Mehr als Rillen und Kratzputz. Putzfassaden.
Wärmdämmverbundsysteme, so ist immer wieder zu hören, seien verantwortlich für ästhetisch verarmende Fassaden. Das stimmt so natürlich nicht, denn mit den passenden Materialien und Ideen lassen sich spannende Putzstrukturen auf die Oberflächen zaubern.
Nein, die Welt des Putzes besteht nicht nur aus Rillen- und Kratzputz, auch wenn das mitunter den Anschein hat. Denn das aufmerksame Auge entdeckt wieder häufiger expressivere Putzfassaden und Oberflächen, die per Besenstrich- oder Kammzugtechnik bearbeitet wurden. Kein Zweifel: Die Struktur ist wieder da. Wieder, denn der Besenstrich beispielsweise ist keine neue Erfindung, er hat Tradition, die leider irgendwann in Vergessenheit geriet. Genauso wie viele andere handwerkliche Modellierungstechniken, die Fassaden belebten, individualisierten, Licht und Schatten zu einem spannenden Spiel animierten.
Sich auf den Putz einzulassen, bedeutet, in ein Universum der Varianten, der Fantasie, der Experimente und Ausdrucksformen einzutauchen – und die Furcht vor der Struktur abzulegen. Denn die Struktur macht Fassaden zu Unikaten, sie betont die Qualität, die Gliederung und die Idee der Architektur. Und weil man früher die regionalen Besonderheiten des Bauens pflegte, zeigte sich auch die Putzkultur im Süden anders als im Norden.
Die Bandbreite der Putzbearbeitung ist enorm, sie reicht vom feinst gefilzten Putz mit filigranen Korngrößen bis zur grobkörnigen Fläche nach der – leider fast ausgestorbenen – Art des Kellenwurfputzes. Das eine schließt das andere nicht aus, Kombinationen verschiedener Strukturen wirken besonders spannend, wenn dabei einzelne Fassadenbereiche differenziert herausgearbeitet werden.
Struktur bedeutet Differenzierung
Lange Zeit galten expressive Putzstrukturen als nicht mit Fassadendämmungen kompatibel – und zu kostspielig. Ersteres ist inzwischen ziemlich anders, das Kostenargument gilt allerdings noch immer: Ein dünnschichtiger Kratzputz lässt sich viel schneller applizieren als die Kammzug-Variante, die obendrein noch handwerkliche Erfahrung und Sorgfalt verlangt. Aber die Zeiten ändern sich, die Wertschätzung der Struktur steigt. Und das trotz – oder gerade wegen – des Wärmedämmverbundsystem. Daraus ergeben sich neue Chancen für Bauherren, Planer und auch Handwerker, sich zu differenzieren und ein gesamtheitlich stimmiges Bauprojekt umzusetzen.
Kammzug, Besenstrich und ähnliche handwerkliche Strukturtechniken setzen eine gewisse Putzstärke voraus. Inzwischen ist Schwerkraft zwar nicht abgeschafft, aber besser im Griff. Zumindest bei den Capatect Fassaden-Dämmsystemen von Caparol. Dort hat man eine ganze Reihe von Strukturen WDVS-konform entwickelt, getestet und ins Portfolio aufgenommen. Dazu gehört natürlich der Kammzug, natürlich der Besenstrich, aber auch der Kellenschlagputz, natursteinähnliche Anmutungen bis hin zur exotischen Krokodilhaut-Optik. Der Blick in die Datenblätter zeigt, welche Lasten das Dämmsystem aufnehmen muss: Je nach Struktur werden bis zu 3,5 Kilogramm Putz pro Quadratmeter aufgebracht, beispielsweise der mineralische Capatect Modellier- und Spachtelputz 134, der sich auch werksseitig in einem großen Farbenspektrum einfärben lässt. Wichtig ist, dass der Gesamtaufbau des Dämmsystems der Zulassung entspricht, was nicht heißt, dass eigene Abwandlungen der Putzstruktur durchaus machbar sind. Mitunter geben sie sogar den Ausschlag für die Beauftragung – so wie beim Kinderhort in Nürnberg, dessen Kammzug-Variante vom Fachhandwerker selbst erdacht wurde.
Eigene Strukturen
Die Chancen stehen also gut, mit eigenen Ideen zu begeistern. Als Handwerker genauso wie als Planer. Die Bandbreite der Kombinationen aus Putztypen und Bearbeitungswerkzeugen ist enorm – mitunter reicht bereits eine anders gezahnte Kelle, um einen neuen Ausdruck zu erreichen. Ganz wichtig aber: Die Idee muss WDVS-tauglich sein, sonst geht unter Umständen die Systemkonformität verloren. In der Zulassung für WDVS steht der Oberputz drin, wie dieser strukturiert wird, ist nicht festgelegt und eine Gestaltungsfrage. Der Anwendungstechniker von Caparol steht hierbei mit „Rat und Tat" zur Seite. Überhaupt sind Muster unverzichtbar, sie sollten aber groß genug sein, um die Struktur erlebbar zu machen. Sprich: Je gröber die Struktur, desto größer sollte das Muster sein, um richtig zu wirken.
Die Farbe nicht vergessen
Im Moment weist der Trend in eine eher unfarbige Richtung. Das Caparol FarbDesignStudio beobachtet, dass neben mittleren und dunklen Grautönen derzeit ausgesprochen häufig sehr helle, lediglich mit einem Hauch von Farbe angereicherte Töne präferiert werden. Das Ergebnis sind eher steinern und natürlich anmutende Oberflächen. Was nicht heißt, dass mit der Farbe ebenfalls noch experimentiert werden kann. Gerade beim Kammzug bietet sich eine zweifarbige Interpretation an, klassisch geradezu ist die Kombination aus einer Gefilzten Oberflächen gepaart mit strukturierten Bereichen, die dann farblich unterschiedlich abgesetzt werden.
Die Strukturreform an den Fassaden ist in vollem Gange – es wird also wieder spannend.