Color Research Vol.2

  • #Fühlen
  • Lang

Von Backsteinen und Klinkern

Vielfalt in Farbe und Ausprägung

Farbigkeit ist nicht nur eine Frage von Beschichtungen, auch Materialien selbst sind Farbträger – das klassische Beispiel dafür sind Klinker, Ziegel und Backsteine mit ihrer regionalen Verbundenheit.

Ziegel gehören zu den traditionellsten Baumaterialien für massives Mauerwerk ebenso wie für die Vormauerung, die seit dem 19. Jahrhundert praktiziert wird. Ziegel und mit ihnen die stärker gebrannten sowie widerstandsfesteren Klinker, gelten gemeinhin als Ersatzmaterial für nicht vorhandene oder zu kostspielige Natursteine. Daher trifft man überall dort, wo vor Ort kein Naturstein verfügbar ist, auf verklinkerte Bauwerke. Küstenregionen an Nord- und Ostsee gelten als Hochburgen des Klinkers, auch weil sie den besonderen Herausforderungen des dortigen Klimas in der Vergangenheit am besten gewachsen waren. Heute gilt diese Ausschließlichkeit nicht mehr in dieser Form, auch andere Fassadenkonstruktionen kommen mit der nahen See gut zurecht. Aber weil Traditionen zum einen langlebig sind und das charakteristische Gesicht der Regionen prägen, hat der Klinker bis heute nichts von seiner Aktualität verloren. Im Gegenteil: In Form von Flachverblendern für Dämmsysteme bringt er Ästhetik und Funktionalität ideal zusammen. Weil in Farbigkeit, Oberflächenbeschaffenheit, Abmessungen, Verlegemuster und Fugenausbildung sehr variabel, lassen sich Klinker in unterschiedlichsten, modernen architektonischen Kontexten verwenden. In sich dezent mehrfarbige Fassaden mit horizontalen oder vertikalen Fugen sowie kleinteiligen Maßen fügen sich in fast jeden lokalen und zeitlichen Bezug ein.

Eisen bringt Rottöne

Genau betrachtet sind Klinker, Backsteine und Ziegel enorm vielfältig in ihrer Farbigkeit, weil sich das Rohmaterial Ton je nach Abbauort unterschiedlich zusammensetzt. Die enthaltenen Pigmente sind also identisch mit den lokalen Erden und Natursteinen, woraus die sehr natürliche und authentische Anmutung herrührt.

Je mehr Eisen der Ton enthält, desto röter erscheint der Backstein nach dem Brand; wenig Eisen und mehr Kalk bringt gelbe Farben hervor. Zudem steuert die Sauerstoff-Zufuhr während des Brennvorganges die Farbigkeit. Tonmineralmassen erlauben zusätzlich die gezielte Einfärbung der Oberfläche. Farbglasuren und dekorative Elemente ermöglichten auch in der Vergangenheit geradezu verspielte Gestaltungen.

Mit der industrialisierten Herstellung der Klinker schwand der regionale Einfluss des Rohmaterials auf die Farbigkeit zugunsten einer sehr differenzierten und breit verfügbaren Palette. Was nicht bedeutet, dass sich die regionalen Präferenzen auflösen – im Gegenteil. In den Niederlanden werden auch bei aktuellen Bauten andere Töne eingesetzt als beispielsweise im Lübecker Raum, der Hochburg der Backstein-Neogotik. Und die alten Städte Flanderns zeigen sich wieder in völlig anderen Farbkonstellationen.

Wurde früher bei prominenten Bauten Klinker mit Natursteinen für Gliederungselemente kombiniert, so findet man bei Alltagsbauten von heute oftmals Kombinationen mit Holz oder Putz, mit Fachwerken oder Holzständerkonstruktionen – und natürlich immer wieder in konstruktiver Verbindung mit vorgehängten Fassaden oder Wärmedämmverbundsystemen. Hierfür bietet Caparol neben materialechten Klinkerriemchen auch handgefertigte, mineralisch basierte „Meldorfer Flachverblender“, die sich optisch nicht von echten Backsteinen unterscheiden. 

Die Fugenfrage

Gestalterisch ebenso wichtig wie der Backstein oder Klinker selbst ist die Fuge und der Verlegeverband. Eine Fassade mit zurückgesetzten Fugen mutet anders an als eine mit offenen oder farblich abgesetzten Fugen. Dunkle Fugen zwischen dunkleren Klinkern erzeugen ein flächiges Gesamtbild, während helle Fugenmaterialien zu einer starken Betonung der einzelnen Steine und des Verlegetyps führen. Graue Fugen gelten gemeinhin als Klassiker, wobei gestalterisch durchaus auch mit farbigen Fugen experimentiert werden kann. Schließlich setzt man aktuell bewusst auf Klinkerverbände mit farblich differenzierten Nuancen statt auf homogene Farbigkeiten. Besonders bei großflächigen Fassaden ohne Gliederungen lässt sich so ein lebendiges, aber nicht chaotisches Bild erzeugen. Weil Ziegel schon immer relativ kostspielige Baustoffe waren, praktizierte man seit jeher das Recycling von gebrauchten Steinen – heute wird dies im Sinne von Nachhaltigkeit und Authentizität wieder praktiziert. Dabei geht es nicht nur um dem „Vintage-Look“, sondern genauso um sichtbare geschichtliche Bezüge.

Trotz der Angleichung vieler Eigenheiten in Europa haben sich bis heute in den Regionen ganz spezifische Farbkulturen erhalten. Vor drei Jahren startete das FarbDesignStudio von Caparol zur Erkundung dieser Kulturen, zu der auch die Farbigkeit des Backsteins und seiner Verwandten gehört. Auch der Meldorfer Flachverblender sowie keramische Beläge zählen dazu, deren Farbrepertoire typische Backseinfarbigkeiten zeigt.