Die perfekte Fassade

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Die perfekte Welle – die „perfekte“ Fassade?

Das FarbDesignStudio fragt nach Ihrer perfekten Fassade

Eine perfekte Fassade kann viele Gesichter haben. Und das was für den einen als „perfekt“ gilt, ist für den anderen noch lange nicht das Optimum. 
Kirstin Bachmann wollte es genauer wissen und ist der Frage nachgegangen. Sie sprach mit Architektin Andrea Vialon vom Kasseler Energieversorger, Architekt Michael Rudek von Baufrösche Architekten und Stadtplaner GmbH Kassel, Landesinnungsmeister Dietmar Ahle aus Westfalen, Architekt i.R. Christian Bachmann und dem Sachverständigen Dieter Kienzler aus Hornberg.

Meine Gesprächspartner sind sich einig: Eine Fassade sollte technisch perfekt sein. Das gilt als Voraussetzung. Auch „zeitlos“ wird als Schlagwort genannt. Das ist eine spannende Aussage, denn was heißt zeitlos und warum wird eine zeitlose Fassade als perfekt gesehen? Die erstaunliche Antwort: Sie wird mit Langlebigkeit verbunden, denn eine zeitlose Fassade unterliegt nicht den aktuellen Farbtrends, d.h. man sieht sich nicht so schnell satt an ihr. Zeitlose Farben bewegen sich häufig im vergraut-verhüllten Bereich – sie passen zu Baumaterial und Bauzeit.

Michael Rudek:

Perfekt ist, wenn ein Brückenschlag zwischen Neu und Alt gelingt und sich die Architektur in den Ort einfügt. Mit dem gewählten Farbkonzept wird auf die umliegenden Häuser der Gründerzeit, der 50/60er Jahre, aber auch auf die neuen Wohnhäuser des Quartiers am Henninger Turm in Frankfurt am Main Bezug genommen. Die Fassaden zeigen eine klare Handschrift. Das Sockelgeschoss erfüllt den Charakter, das jeweilige Haus zu tragen - zum Einsatz kommen Natursteinplatten aus Muschelkalk und Bossenputzstrukturen. Die Putzfassaden der Staffelgeschosse werden farblich abgesetzt, um eine weitere Differenzierung der Häuser zu erzielen. Die bodentiefen Fenster werden durch Putzfaschen in Glattputz gerahmt und veredelt.

Dietmar Ahle:

Die Fassade ist wie das Gesicht eines Hauses, mit dem man sich nach außen identifiziert. Die Fassade muss langlebig sein mit äußerster Qualität, da sie 15-20 Jahre stehen soll. Weiß finde ich selten schön, nur mit Sonne auf einer griechischen Insel. Bei einer Stuckfassade mit weiß und grau wirkt es edel, aber sonst bin ich lieber im farbigen Bereich unterwegs, was ich bei meinem Geschäftsgebäude zeige.

Andrea Vialon:

Die perfekte Fassade besteht für mich aus einer stimmigen Einheit, die mit dem Umfeld korrespondiert. Symmetrie spielt eine Rolle, eine wohltuende Farbigkeit, ausgewogene Proportionen sowie eine überlegte Verteilung der Fenster- und Türöffnungen. Vorsprünge, Friese und Verkleidungen gestalten zusätzlich, nicht zuletzt mit Licht und Schattenwirkungen. Besondere Aufmerksamkeit erfährt für mich der Eingang und der dazugehörige Vorplatz oder Vorgarten. Diese Situation sollte einladend wirken. Bei meinem letzten Besuch in München habe ich mir in dem Stadtteil Nymphenburg Jugendstilfassaden angesehen und war sehr beeindruckt über die Vielfarbigkeit sowie die wunderschönen gelb-warmen Grüntöne, die dort eingesetzt wurden. Die verschiedenen Putzoberflächen mit sehr unterschiedlichen Techniken haben meine Begeisterung noch verstärkt.

Christian Bachmann:

Der Eingang ist der erste Eindruck. Damals fanden wir das ehrliche Kalksandsteinmauerwerk an unserem Haus aus den 70er Jahren klasse. Doch leider hat man hier die Spuren der Zeit bald gesehen: Spritzwasser, Verschmutzungen, Bewuchs. Dann haben wir das Haus weiß gestrichen. Fuge und Kalksandstein waren im gleichen Weißton überstrichen und es sah erstmal „sauber und ordentlich aus“. Die Strukturen waren sichtbar, aber bereits nach kurzer Zeit stellten wir fest, dass wir mit einem vergrauten Weiß langfristig glücklicher sind. Dieses Grauweiß haben wir dann für fast 20 Jahre so gelassen. Jetzt war uns bewusst, dass das Haus eine Einheit werden sollte ohne harte Kontraste zwischen Fenstern, Fensterrahmen und Fassade. Mit dem Schwarzfächer war schnell ein passender Ton gefunden. Das Ergebnis gefällt uns gut! Wir wissen aber auch, dass wir nach einem langen Berufsleben mit vielen Fassadenentwürfen bestimmt irgendwann wieder Lust auf etwas Neues haben!

Dieter Kienzler:

Farbe wirkt auf uns Menschen, berührt und beeinflusst unser Befinden. Sie definiert sich allein über die optische Wahrnehmung. Daher sehe ich in der Gestaltung einer Fassade im öffentlichen Raum auch eine soziale und städtebauliche Verantwortung. Eine hohe Qualität bei der Gestaltung von Hausfassaden trägt entscheidend zum Erhalt des Stadtbildes und der Steigerung der Aufenthaltsqualität bei. Dann hält man sich gerne in historischen Ortskernen auf, nimmt sich die Zeit, um dort über Plätze zu schlendern und erfreut sich an den Formen, Farben und Details der Architektur.

Kann vielleicht auch die weniger perfekte Fassade perfekt sein?

Jeder von uns hat ein Bild von der perfekten Fassade im Kopf. Wie perfekt „perfekt“ sein darf, liegt im Ermessen des Betrachters. Manchmal hat auch das Unperfekte seinen besonderen Charme. Eine alte verwitterte Fassade zeigt eine sehr lebendige Oberfläche und ein reiches Farbenspektrum. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen, die Farbtöne abzumustern und als Inspirationsquelle zu verwenden.

Diese Farbtöne finden sich an der Fassade des Alten Rentamts in Gedern.

Lassen Sie sich von einer Farbwelle gedanklich zu neuen Ufern treiben:

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