Ein neuer Mantel für die Hochhäuser von Wörth
17.000 Quadratmeter Fassade in fünf Monaten gedämmt
Wolkenkratzer sieht man in ländlichen Regionen eher selten. Umso größer ist das öffentliche Interesse an Landmarken wie den Hochhäusern von Wörth: In der verbandsfreien Stadt, idyllisch im sonnigen Südosten von Rheinland-Pfalz gelegen, wurde der Erhaltungszustand der beiden hoch aufragenden Vielgeschosser in der Dorschbergstraße rege diskutiert. Die Empfehlung eines Sachverständigen zur Ertüchtigung der Fassaden nahm die Wohnbau Wörth am Rhein GmbH zum Anlass, das renommierte Architekturbüro Beck-Brandl-Engel aus Bad Dürkheim mit der Planung der energetischen Rundumerneuerung zu betrauen. „Keine halben Sachen!", lautete dabei die Devise.
Die Wörther Hochhäuser sind in der ländlichen Umgebung eine Landmarke – ein augenfälliger Orientierungspunkt, den man schon von weitem sieht. Die Lage könnte kaum besser sein, die Gebäude sind umgeben von gepflegten Grünanlagen und gleich nebenan befindet sich ein weitläufiger Park. Der Ausblick, den die Bewohner der oberen Stockwerke über die Stadt und das Umland genießen, ist phantastisch. Auch das soziale Umfeld stimmt: Schulen, Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten, Freizeitangebote – alles liegt fußläufig nah. Bemerkenswert: Trotz der vielen Vorzüge, die die Dorschbergstraße zu einer gefragten Wohnadresse machen, sind die Mieten immer noch erschwinglich. Zur Zufriedenheit der Bewohner trägt auch die engagierte Liegenschaftsverwaltung bei: „Unsere beiden Hochhäuser sind wie ein kleines Dorf. Wir sind für alle Mieter da und tun viel dafür, dass sie sich bei uns wohlfühlen", sagt Petra Pfeiffer, Geschäftsführerin der Wohnbau Wörth am Rhein GmbH.
Motor der Stadtentwicklung
1963 wurde das wohnungswirtschaftliche Unternehmen in der Pfalz gegründet – maßgeblich auf Betreiben eines weltbekannten schwäbischen Kraftfahrzeugherstellers, um die Mitarbeiter des nahegelegenen LKW-Werks mit attraktivem Wohnraum zu versorgen. 1967 erfolgte die Grundsteinlegung für die beiden Hochhäuser an der Dorschbergstraße – eine Sternstunde für die Stadtentwicklung! Wörth ist seither auf 17.500 Einwohner angewachsen. In den insgesamt 212 Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen, die jeweils 50 bis 100 Quadratmeter groß sind, haben rund 700 Bürger ein Zuhause gefunden. Hauptanteilseigner der Wohnbau Wörth am Rhein GmbH sind die VOLKSWOHNUNG GmbH aus Karlsruhe, die Stadt Wörth sowie der Kreis Germersheim.
Kritischer Befund
Immobilienfachfrau Petra Pfeiffer, die die verantwortungsvolle Position an der Spitze der Wohnbau Wörth erst seit 2012 innehat, sah sich schon 2013 mit einer immensen Herausforderung konfrontiert: Bei beiden Hochhäusern, die während des Baubooms in der Wirtschaftswunderzeit errichtet worden waren, schien die Verankerung der nachträglich aufgebrachten Fassadenbekleidung nicht mehr sicher zu sein.
„Teile der Altfassade drohten sich zu lösen, da die erforderliche statische Belastbarkeit nicht mehr gegeben war. Besonders im Bereich der oberen Stockwerke, wo naturgemäß die stärkste Windlast herrscht, war der Zustand der Gebäudehülle kritisch", erläutert Architekt Martin Brandl die Ausgangslage. Um kein Sicherheitsrisiko für Bewohner und Passanten einzugehen, entschlossen sich die Geschäftsleitung und die Gesellschafter der Wohnbau Wörth, die Totalsanierung der Fassade unverzüglich in Angriff zu nehmen und die marode Altbekleidung Stockwerk für Stockwerk zu entfernen. Pläne, denen man technische Details der Ausführung hätte entnehmen können, gab es nicht; von einem sorgfältig geplanten und detailbeflissen applizierten Wärmedämm-Verbundsystem im heutigen Sinne konnte keine Rede sein.
Zurück auf Anfang
Hinzu kam, dass die vor der Jahrtausendwende auf die ursprünglich glatte Betonfassade aufgebrachte Dämmung mit einer gemessenen Dicke von nur vier Zentimetern bestenfalls dem in den 1980er Jahren Üblichen entsprach. Den Anforderungen an eine energiesparende Gebäudehülle genügte das zum Sanierungszeitpunkt bei weitem nicht. Einen sowohl zeitgemäßen als auch zukunftsfähigen Dämmstandard galt es daher von Grund auf neu zu planen und fachgerecht herzustellen.
Sicherheit an erster Stelle
Die geplante Fassadenerneuerung machte einen gigantischen Gerüstbau und besondere Sicherheitsvorkehrungen beim Abtransport der demontierten Altelemente erforderlich. Allein die Montage des Gerüsts dauerte acht Wochen. 7.600 Quadratmeter vorgehängte Altfassade unbekannter Herkunft, 600 Quadratmeter Putz auf Holzwolle-Leichtbauplatten, 2.600 Quadratmeter Aluminium-Verkleidungen der Fensterlaibungen sowie 620 Quadratmeter Kantblech mussten von den Außenwänden der 16 Stockwerke hohen Häuser abgenommen, sachgerecht verpackt und komplett abgefahren werden. Selbst für das sanierungserfahrene Architekturbüro Beck-Brandl-Engel, das die Verantwortung für das Gelingen trug, war dieser komplexe Rückbau mit anschließender energetischer Ertüchtigung und Neugestaltung alles andere als Routine.
Kommunikation auf Augenhöhe
Bereits vor Beginn der Baumaßnahme stand fest, dass die Instandsetzung in bewohntem Zustand zu erfolgen hatte. Für Akzeptanz bei den Mietern und Anrainern sorgte die von Umsicht und Offenheit geprägte Kommunikation: Alle Mietparteien wurden von der Verwaltung frühzeitig über die bevorstehenden Arbeiten und deren voraussichtliche Dauer informiert. Die Bewohner dabei auch um Vorschläge zur Verbesserung ihres Wohnumfelds zu bitten und sie somit in das Geschehen einzubinden, erwies sich als richtige Entscheidung: Die phasenweise erheblichen Beeinträchtigungen wurden in beiden Häusern mit bewundernswertem Gleichmut toleriert.
17.000 Quadratmeter Mineralwolldämmung
Zum reibungslosen Ablauf der komplexen Instandsetzungsarbeiten trug maßgeblich die umsichtige Beratung durch Dipl.-Ing. Werner Aumann bei. Der erfahrene Planer und Objektberater, der für den bekannten Farbenhersteller Caparol ganz Rheinland-Pfalz und das Saarland betreut, stammt aus der Region; sein Büro befindet sich im nur wenige Kilometer entfernten Leimersheim. „Dass Werner Aumann ein ausgewiesener Experte für Fassadendämmung und -gestaltung ist, gehört bei uns in der Pfalz zum Nachbarschaftswissen. Nichts lag näher, als ihn um Rat zu fragen, sobald die Wahl des bestgeeigneten Dämmstoffs und der passenden Beschichtung anstand", erinnert sich Petra Pfeiffer an den Beginn der wohl umfassendsten Gebäudemodernisierung in der Geschichte der Wohnbau Wörth am Rhein GmbH.
Verdient schon der gelungene Rückbau der Altfassade Respekt, so kann man die Verarbeiter der auf Betoninstandsetzung und energetische Fassadensanierung spezialisierten Fritz Wiedemann GmbH aus Wiesbaden, die sich auch der fachgerechten Erneuerung der Dämmung und der anschließenden Putzbeschichtung auf der riesigen Fläche annahmen, nur noch bewundern.
120.000 Tellerdübel
Zur Verankerung der neuen Dämmplatten hatte das Leipziger Sachverständigenbüro Sahlmann & Partner eine Windlastberechnung durchgeführt und eine präzise Dübelstatik erstellt, die nicht weniger als 120.000 Bohrungen für die zu setzenden Dübelanker vorsah. Auf dieser Basis wurden von den Bautenschutzexperten der Firma Wiedemann 17.000 Quadratmeter Gebäudehülle mit 18 Zentimeter dicken Capatect Mineralwollplatten fachgerecht gedämmt, im System verputzt und abschließend mit Caparol ThermoSan Fassadenfarbe endbeschichtet. Im Zuge der Fassadenarbeiten wurden auch 1.100 Fenster gegen neue, dreifach verglaste Energiesparmodelle ausgetauscht und eine hochleistungsfähige Be- und Entlüftungsanlage zur Frischluftversorgung aller Wohnungen installiert.
„Unser Betrieb saniert Betonbauwerke in großem Stil und verbaut jedes Jahr etwa 120.000 Quadratmeter WDVS. Bei den beiden Objekten in Wörth waren zunächst die Betonaußenwände auf einer Gesamtfläche von 17.000 Quadratmeter fachgerecht instandzusetzen. Anschließend haben wir die Fassade mit Mineralwolle in bis zu 18 Zentimeter Dicke gedämmt, systemgerecht verputzt und mittels Nespri-TEC-Technologie in harmonisch abgestuften Farbtönen gestaltet. Wir sind stolz darauf, die Instandsetzungs-, Dämm- und Verputzarbeiten an der Fassade inklusive Endbeschichtung von 1.000 Quadratmeter Balkonböden in nur fünf Monaten geschafft zu haben. Dafür waren täglich 25 Fachkräfte auf dem Gerüst. Wir sind für solche Großaufträge bestens vorbereitet und konnten beide Hochhäuser mängelfrei an die Auftraggeber übergeben", erläutert Bauleiter Ralf Krämer, der für den Verarbeiterbetrieb Wiedemann die Ausführung aller Fassadenarbeiten in der Dorschbergstraße mit großem persönlichen Engagement zum Erfolg geführt hat.
Balkone saniert und neu gestaltet
Auch an den Balkonen galt es Hand anzulegen, da der Beton nicht nur oberflächlich eine Frischkur vertragen konnte. Der Bautenschutzbetrieb Zdralek aus Oberursel setzte bei beiden Hochhäusern rund 4.000 Quadratmeter Betonfläche mit Disbocret 504 Feinmörtel und Disbocret 505 Feinspachtel fachgerecht instand und gestaltete zum Abschluss die Balkonbrüstungen mit der schützenden Disbocret 515 Betonfarbe in einem attraktiven Orangefarbton. Auch die Balkonböden erhielten einen neuen Look: Auf rund 1.000 Quadratmeter applizierten die Verarbeiter von Fa. Wiedemann das optisch sehr ansprechende Disbon System StoneColor. Dessen Besonderheit besteht darin, dass es jede Fläche zu einem Unikat macht. Die Wirkung ist auf speziellen farbigen Schiefersplitt zurückzuführen, der mit einer Trichterpistole in den Belag eingestreut wird, bevor man den Boden dauerhaft versiegelt.
Die Zukunft kann kommen
Dass sich der ganze Aufwand durch eine erhebliche Verringerung des Energiebedarfs auf absehbare Zeit amortisiert, ist angesichts der auf ganzer Fläche applizierten dicken Mineralwolldämmung mehr als wahrscheinlich. Das gilt umso mehr, als das ermittelte Diffusionsverhalten des Wandbildners auf eine bauphysikalisch einwandfreie Konstruktion schließen lässt, deren gesamter Aufbau bei qualitätssichernden Messungen keinerlei Kondensat aufwies. „Auch optisch sind die Hochhäuser von Wörth jetzt wieder eine Augenweide. Überhaupt kein Vergleich zu früher!", fügt Werner Aumann sichtlich zufrieden hinzu, als er nach Fertigstellung aller Arbeiten an der frisch verputzten Fassade hinaufblickt.
Autor: Achim Zielke
Bautafel
Projekt: Betonsanierung und Fassadendämmung der Hochhäuser in Wörth/RLP
Auftraggeber: Wohnbau Wörth am Rhein GmbH
Anzahl Gebäude: 2
Baujahr: 1967
Stockwerke: 16
Wohneinheiten: 212
Bewohner: ca. 700 Personen
Sanierungsplanung: Architekt Martin Brandl c/o Beck – Brandl – Engel, Bad Dürkheim
Dämm- und Gestaltungsberatung: Dipl.-Ing. Werner Aumann, Leimersheim
Zulieferer WDVS-Bedarf: CAPAROL Farben Lacke Bautenschutz GmbH, Ober-Ramstadt
Zulieferer Betonsanierungsbedarf: DISBON GmbH, Ober-Ramstadt
Ausführender Verarbeiter Fassade: Fritz Wiedemann GmbH, Wiesbaden
Bauteilung: Ralf Krämer c/o Fritz Wiedemann GmbH, Wiesbaden
Ausführender Verarbeiter Betonsanierung Balkone: Zdralek GmbH, Oberursel
Bauleitung: Zafer Usta, Technischer Leiter c/o Zdralek GmbH, Oberursel
Leistungsumfang: komplette Demontage der Altfassade, Betonsanierung Außenwände und Balkone, Neudämmen der Fassade mit Capatect Mineralwollplatten, Putzapplikation, Farbgebung im Nespri-TEC-Spritzverfahren mit Caparol ThermoSan, Neugestaltung der Balkonbrüstungen, Neubeschichtung der Balkonböden
Gedämmte Außenwandfläche: 17.000 m2
Gesamtzahl WDVS-Dübel: 120.000
Gesamtfläche der sanierten Balkonböden: 1.000 m2
Dauer der Sanierungs- und Dämmarbeiten: 5 Monate
Bautafel:
Objekt:Wohnbau Wörth am Rhein GmbH
Architekt:Sanierungsplanung: Architekt Martin Brandl c/o Beck – Brandl – Engel, Bad Dürkheim
Dämm- und Gestaltungsberatung: Dipl.-Ing. Werner Aumann, Leimersheim
Ausführender Verarbeiter Betonsanierung Balkone: Zdralek GmbH, Oberursel
Ausführender Verarbeiter Fassade: Fritz Wiedemann GmbH, Wiesbaden
Fertigstellung:2015-2016