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Die Mauve-Manie

Wie Mauve Wissenschaft und Mode revolutionierte

Eine spannende Geschichte rankt sich um den Farbton Mauve:

Der 18-jährige britische Student William Perkin forschte 1856 nach einem Mittel gegen Malaria. Durch Zufall entdeckte er den ersten künstlichen Anilinfarbstoff, den er Mauvein nannte. Denn zu seiner Überraschung brachte dieses Derivat auf Seide ein helles Violett hervor. Bis dahin wurden Farben aus Naturstoffen, wie Mineralien oder Extrakten aus Pflanzen und Tieren verwendet, um damit Gegenstände, Gebäude und Kleidung farblich zu gestalten. Das war mitunter ein teures Unterfangen. Perkins Entdeckung einer synthetischen Farbstoffproduktion war bahnbrechend. Nicht nur für die Farbstoffindustrie, sondern auch für Bereiche der Medizin, Parfüm-, Lebensmittel- oder fotografischen Industrie. Sein Mauvein-Farbstoff war ein so großer Erfolg, dass er sein Chemiestudium abbrach und sich als Farbenfabrikant selbständig machte.   

Mauve, die französische Bezeichnung für die Farbe der Wilden Malve, eroberte die Modesalons in London und Paris im Sturm. Perkins und sein Mauve haben Spuren hinterlassen. Im Jahre 1906 fuhr Sir William Perkin, 66-jährig, zu einem Festbankett nach New York, das namhafte Wissenschaftler arrangiert hatten. Als Zeichen ihrer Hochachtung und ihres Respekts erschienen alle männlichen Festgäste im schwarzen Smoking und mauvefarbener Fliege. Zu Ehren des Mannes, der die Farbe Mauve erfunden und damit auch die ganze Modewelt aufgemischt hat.

Mit einem gefärbten Seidentuch begann der Siegeszug von Mauve. Perkin wollte sich eigentlich nur an dem Farbton erfreuen, stellte aber fest, dass der Farbton des Tuches erstaunlich licht- und farbecht blieb. Die Idee Mauvein in großem Stil zu produzieren reifte heran. 1857 wurden die ersten Seidenstoffe mit Mauvein eingefärbt. Mauvein wurde unter der Bezeichnung Aniline Purple und Tyrian Purple in den Handel gebracht.

1858 der Durchbruch: Königin Victoria trug zur Hochzeit ihrer Tochter Samt in Mauve und Kaiserin Eugenie von Frankreich, die Gemahlin Napoleons III, damals einflussreichste Frau in der Modewelt, stellte fest, dass Mauve zur Farbe ihrer Augen passte. Die Mauve Besessenheit hielt bis 1861 an.

Perkins Verfahren zur Herstellung von Mauve wurde nach seinem Erfolg in ganz Europa kopiert und dazu verwendet andere Farbtöne herzustellen, die die neuesten Modetrends bedienten.

In den goldenen 1920er Jahren kam die Farbe wieder in Mode. Hemdkleidchen mit Spaghettiträgern à la Kiki de Montparnasse oder Josephine Baker. Mode-Ikone Coco Chanel war Wegbereiterin revolutionärer Damenmode.

Mauve wird immer mit den 1970er Jahren assoziiert werden. Die lila Latzhose verkörperte eine politische Botschaft, die Farbe der Frauenbewegung im männlichen Kleidungsstück.

1999/2000 erlebt Mauve in der Modewelt ein comeback.
Marketinggruppen aus internationalen Farbdesignern, Leuten aus der Werbung und aus dem Marketing arbeiteten zusammen. Sie entscheiden nach Umfragen, Vorstudien und Expertengutachten, welche die Mode- und Trendfarben sind. Und dann sind da noch die Menschen, die Ikonen und Influencer einer Epoche, die immer schon Modefarben erkoren haben und dies weiter tun werden. Nicht immer kalkulierbar.

„Gewöhnliche Frauen trösten sich stets. Manche tun es, indem sie sich in sentimentale Farben kleiden. Trauen Sie nie einer Frau, die Mauve trägt, wie alt sie auch sein mag, und nie einer Frau über fünfunddreißig, die auf rosa Bänder versessen ist. Das bezeugt immer eine Vergangenheit.“

Oscar Wilde, aus Das Bildnis des Dorian Grey, 1891


Dipl.-Designerin Sabine Hoffner und Dipl-Ing. Architektur (FH) Carmen Rubinacci

…die beide die Phase der hand-gebatikten lila Latzhose unbeschadet überstanden haben.