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Weiß – eine Leere, die kein Nichts ist

von der Kunst des absichtslosen Wollens in vielschichtigen Schattierungen
Ines Hildur. Weiß und Schwarz. Einfachheit und Eleganz

Sie bezeichnet sich als Reisende. Denn sie ist immer und überall auf Spurensuche. Ihre Liebe gilt den Extremen im Farbbereich: Weiß und Schwarz. Starke Kontraste und vielfältige Schattierungen sind ihr Thema. Dabei sucht sie den Ausgleich zwischen Spannung und Harmonie – und genießt die Möglichkeiten der Gleichzeitigkeit von Purismus und Opulenz.

„Natürlich mit einem Hang zum Extravaganten“ fügt sie schmunzelnd hinzu. Sie arbeitet ganz intuitiv - achtsam beobachtend, welcher Impuls gerade kitzelt. Alles entwickelt sich beim Machen. Die Bilder wirken spielerisch, voller Leichtigkeit und ursprünglicher Authentizität.

„Linien werden in Formen gefangen oder überschwemmen den Bildraum.“

Ines Hildur bewegt sich zwischen freier und angewandter Kunst. Zu ihren abstrakten Bildern stellt sie sich immer auch Räume vor. Gleichzeitig wird sie auch von kontrastreichen Räumen – in der Natur oder gebauter Umgebung - zu ihren Werken inspiriert.

Ihr besonderes Interesse an Gegensätzen zeigt sich auch in der Auseinandersetzung mit dem Bestehenden, der Weiterinterpretation und Neugestaltung von Architektur. Dem Atmosphärischen von Zeit- und Gebrauchsspuren, der japanischen Wabi-Sabi-Ästhetik, fühlt sie sich in Bildern und Gedanken eng verbunden.

„Weiß lenkt nicht ab und regt nicht auf.“

Mittels Malerei, Zeichnung, Collagen, Wachsmaltechnik und anderen experimentellen Prozessen lässt sie auf der Leinwand neue Welten entstehen. Konzentriert und versunken experimentiert sie unter anderem mit Kohlestaub, Marmormehl, Champagnerkreide, aufgestäubter oder wässrig gebundener Asche. Besonders gerne arbeitet sie sich von dunklem Grund ins Helle vor – mit einer Bitumen-schwarzen Grundierung, auf die weiße, leicht transparente Farbschichten folgen. Hier entsteht ein unglaublicher Raum, eine mystische Tiefe, der man als Betrachter auf den Grund gehen will.

Die Konzentration auf einen Farbbereich fordert mehrmaliges Hinschauen und fördert den Blick in die Tiefe des Bildes. Das Ausloten der feinen Farbnuancierung soll das Auge schulen – ein zweiter Blick sich immer lohnen. Gleichzeitig wird die Oberfläche umso wichtiger: das Spiel der Lichtreflektion mit Glanzgraden von tuchmatt bis hochglänzend. Auch Linien und dargestellte Formen gelangen durch die Farbreduktion zu größerer Bedeutung.

„Meine Sehnsucht nach einer ganz eigenen Ästhetik stellt mich immer wieder vor die neue Herausforderung, Bruchstückhaftes zu einer eigentümlich anmutenden Poesie zu verschmelzen, zu einer Schönheit, die Opulenz zulässt aber auch roh und ungeschönt bleiben darf.“

„Die Farbe Weiß bedeutet für mich Freiraum und absolute Ruhe.“

Nach einer starkfarbigen Phase mit heiteren Pastelltönen ist ihr Bedürfnis nach bunten Farben seit ca. 15 Jahren weniger groß. „Zu bunt stört“ findet sie. Statt Reizüberflutung bevorzugt sie grüne Gärten mit weißen Blüten, die eine angenehme Ruhe ausstrahlen. Ihre unkonventionellen Wohnräume hat sie eher als Rückzugsorte in dunklen Farben gestaltet: in Anthrazit-, Petrol- und Grünnuancen. Fundstücke, umfunktionierte Dinge und Sammlungen aus ihrer Lieblingsstadt Paris - feines Porzellan, Kerzen und Ornamentik - geben dem Interior eine ganz eigene Eleganz.

Ihre künstlerischen Erfahrungen und Maltechniken gibt Sie mit Freude und regem Austausch in Workshops an interessierte Kreative weiter.

Voller Inspirationen und Bildbeispielen ist ihre jährliche Buchreihe:
Volume 9 | Art of Living ist im April 2021 erschienen und auf der Homepage unter Publikationen erhältlich.

Zur Webseite von Ines Hildur

Fotos: Ines Hildur


Dipl.-Farbdesignerin Petra Ruhnau,

 die sich schon auf den nächsten Workshop mit der beeindruckenden Künstlerin freut.