Am Ende sind es die Farben
Pflegezentrum NURONA Am Golfplatz in Hofbieber außen und innen
Schon von außen erscheint der Neubau bemerkenswert. Er wirkt sympathisch einladend, aber zugleich ungewöhnlich. Zu den Besonderheiten zählt auch die Hanglage mit herrlichem Fernblick direkt am Golfplatz: Ein schöner Ort für eine Seniorenwohnanlage. Im Mai 2014 fand die Einweihungsfeier des Pflegezentrums der Nurona GmbH in Hofbieber statt. Sehr gelobt wurde das Gestaltungskonzept. Sowohl die Fassade als auch die Innenräume beeindrucken.
Noch vor Baubeginn hatte es Bedenken gegen das Projekt gegeben, vor allem auf Grund der exponierten Lage. Doch die Einbindung in das Landschaftsbild ist der Firma Nurona überzeugend gelungen. Zum guten Ergebnis beigetragen hat auch das Farbkonzept des Caparol FarbDesignStudios.
Die Farben der Fassade nehmen Bezug zur Umgebung auf. Die ausgewählten Töne sind warm, dezent zurückhaltend und wirken natürlich. Interessant ist die farbliche Differenzierung der zwei Gebäudeflügel: Der Hauptbaukörper des einen Trakts ist Schilfgrün, der andere Ockergelb. Nur die Erdgeschosszone und die Brüstung der Dachebene weisen jeweils den gleichen, verbindenden Farbton auf. Weil das Erdgeschoss zurückgesetzt liegt, ist hier ein heller Cremeton eingesetzt worden, um der Verschattung entgegen zu wirken. Dieser Ton wurde auch auf die davor angeordnete Stützenreihe übertragen. Die insgesamt helle Basis verleiht dem Baukörper Leichtigkeit. Es entsteht der Eindruck, dass die zwei Gebäudeflügel schweben. Die „Flügel" scheinen – im wahrsten Sinne des Wortes – abheben zu wollen. Als Kontrapunkt ist das Dachgeschoss durchgängig mit einer dunkleren Brüstung in Terrakottarot eingefasst. Wie der berühmte rote Faden verbindet das Brüstungsrot den gesamten Gebäudekomplex.
Der Mittelbau in hellem Cremeweiß bildet eine Zäsur – er trennt die zwei unterschiedlichen Trakte farblich voneinander. Der helle, fast neutrale Fassadenton lässt den Eingangsbereich umso stärker hervortreten. In auffälligem Orange schiebt sich der Eingang wie ein leicht gedrehter Monitor markant aus dem Baukörper heraus. Zusätzlich illuminiert durch grünes Licht wird die Botschaft klar: Hier geht’s rein!
Gestaltungsmittel „Lebensräume"
Im Inneren überrascht der erste Eindruck, denn man hat nicht das Gefühl in einer Pflegeeinrichtung für Senioren angekommen zu sein. Die Atmosphäre erinnert eher an eine Hotellobby. Starke Farben, moderne Möbel und Kunstobjekte prägen das Foyer. Die Nische des Empfangsbereichs wird durch kräftig rot gestrichene Wandflächen betont. Hinter dem Holztresen prangt gut lesbar ein Zitat von Abraham Lincoln: „Am Ende sind es nicht die Jahre im Leben, die zählen. Es ist das Leben in den Jahren." Wer es nicht weiß, beginnt erst jetzt zu ahnen, für wen das Haus errichtet wurde.
Im Erdgeschoss sind die Tagespflege und der Verwaltungstrakt untergebracht. Beide Bereiche sind vom Foyer aus direkt zugänglich. Von hier aus führt auch ein großzügiges Treppenhaus in die oberen Geschosse. Im 1. und im 2. OG befinden sich die Wohnbereiche. Zwei Wohngruppen mit jeweils 15 Personen teilen sich eine Ebene. Auf die Gestaltung dieser Bereiche wurde viel Wert gelegt. Es war den Betreibern der Nurona GmbH ein ganz besonderes Anliegen, für die Bewohner ein wohnliches Zuhause zu schaffen. Dass Farbe dabei eine wichtige Rolle spielt, war klar. Bloß welche?
Aus diesem Grund wurde das Caparol FarbDesignStudio für die Farbkonzeption der Innenräume mit einbezogen. Die Innengestaltung von Pflegeeinrichtungen ist ein Themenschwerpunkt der Abteilung. Das speziell für ältere Menschen entwickelte Gestaltungsmittel „Lebensräume", bestehend aus Fächer und Broschüre, belegt dies anschaulich. Kerstin Pokrzewinski von der Firma Nurona war von dem Fächer „Lebensräume" sofort inspiriert. Für die Farb- und Materialauswahl diente der Fächer als Basis. Beim ersten Gespräch mit Diplom-Designerin Martina Lehmann vom Caparol FarbDesignStudio standen daher schon grobe Farbrichtungen fest. So sollte sich die Stimmung der Farbwelt „Meeresbrise" in der Tagespflege im EG, die „Frühlingswiese" im 1.OG und die „Sommerfrische" im 2.OG widerspiegeln. Anhand dieser Vorstellungen und unter Berücksichtigung bereits festgelegter Materialien und Einrichtungselementen wurde ein umfassendes Farbkonzept erarbeitet.
Individuelle Farbatmosphäre
Die Firma Hütter setzte das Konzept 1:1 um. Jede Wohngruppe zeichnet sich jetzt durch eine eigene individuelle Farbatmosphäre aus. Die Wohngruppe „Bieberstein" mit dem Farbspektrum „Frühlingswiese" erhielt ein Himbeerrot als markanten Orientierungston im Zugangsbereich. Ein korrespondierender Roseton leitet anschließend durch den Flur bis zum zentralen Aufenthalt mit Küche. Um diesen Kernbereich gruppieren sich die Bewohnerzimmer an kurzen Stichfluren, die hier komplementär in hellem Grün abgesetzt sind. Die Stützen im Aufenthaltsbereich und auch die angrenzenden Wände erhielten einen fast weißen, sandigen Grundton, um diesen Bereich möglichst hell zu halten. Die Möbelstoffe in rötlichen, beigen und grünen Nuancen runden den Farbklang harmonisch ab. Ein Vinylboden in vergrauter Holzoptik schafft Wohnlichkeit und harmoniert gut mit anderen Holztönen – er fügt sich perfekt ein.
Das gestalterische Grundprinzip ist in allen Wohngruppen ähnlich. Neben dem Himbeerrot sind Maigrün, Petrol und Gelb als markante Farben für die jeweiligen Wohngruppen ausgewählt worden. Diese Töne bieten Orientierung und beleben zugleich das Treppenhaus, denn sie sorgen für interessante Blickpunkte. Langweilige Ton-in-Ton-Stimmungen gibt es nicht. Stattdessen prägen natürliche Farbatmosphären das Haus. Verschiedene Farbtöne mit unterschiedlichen Helligkeits- und Sättigungsstufen sorgen für ein ausgewogenes, vielschichtiges Verhältnis.
Mit viel Liebe zum Detail
In den Bewohnerzimmern sind drei verschiedene Farbkombinationen eingesetzt worden. Die Hauptfarbe ist immer ein heller Sandton, der mit einem Akzentton in Gelb, Graublau und Grün kombiniert wurde. Die Stoffe für Vorhänge und Sitzmöbel stehen in Verbindung zur Akzentfarbe und sorgen trotz einheitlicher Einrichtung für unterschiedliche Farbstimmungen. Mit viel Liebe zum Detail sind die angrenzenden Bäder gestaltet. Ein Glasmosaik, das den Spiegel rahmt, korrespondiert mit der farblichen Atmosphäre des Zimmers.
Zusätzliche gestalterische Besonderheiten, die das ausgeklüngelte Farbkonzept abrunden, verleihen dem Pflegezentrum besonderen Charme. Die Bildauswahl, die Ausstattung der Pflegebäder mit opulenten Accessoires oder das Lichtkunstobjekt im Foyer – all diese Beispiele zeigen, mit welcher Feinfühligkeit das Haus ausgestattet wurde. Die Bewohner und Besucher freut das, genauso wie die Mitarbeiter. Seit der Einweihung des Hauses findet die Gestaltung viel positiven Zuspruch. Deshalb stellt sich am Ende die Frage: Sind es nicht auch die Farben, die im Leben zählen? Abraham Lincoln hätte da sicher zugestimmt. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zu Wohlbefinden und Lebensfreude.
Eva Häckel, Caparol FarbDesignStudio
Bautafel:
Objekt: Pflegezentrum in Hofbieber
Bauherr: Oliver und Mark Pokrzewinski
Planung: Dipl. Ing. Architekt Marcus Otto, Kerstin Pokrzewinski
Verarbeiter: Karl Hütter GmbH & Ko. KG, Tann (Rhön)
Produkte: INNEN: Akkordvlies, Haftgrund, Nespri FIXX, Metallocryl, CLAC Buntlacke, CC Haftprimer
AUSSEN: NespriTec Muresko
Farbtöne: Caparol 3D-System, Lebensräume
Fotos: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Martin Duckek