Von 60er Jahre-Siedlung zum modernen Wohnpark
Bautafel
Bauherr und Vermietung:
GENO50 Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Wiesbaden 1950 eG
Planung und Bauleitung:
PLAN B Architekten & Ingenieure
Planungsbüro Becker, Mainz-Kastel
Farbkonzept:
Christian Brandstädter, Wiesbaden
Fassaden- und Malerarbeiten:
Richardt Baudekoration GmbH & Co. KG, Gießen
Bauleiter: Wolfgang Leibold
Caparol-Objektberater:
Helmut Schmidt
Sanierungszeitraum:
2007 – 2010 (4 Sanierungsabschnitte)
Investitionskosten:
ca. 25 Millionen Euro (einschließlich Heizwerk)
Zehntenhof Schierstein: 500 Wohnungen umfassend und ökologisch saniert
Er ist in vielerlei Hinsicht ein Vorzeigeprojekt: Der neugestaltete Wohnpark Zehntenhof im Wiesbadener Ortsteil Schierstein. Kein Wunder – wurde bzw. wird hier doch in mehreren Abschnitten ein komplettes, in sich geschlossenes Quartier mit nahezu 500 Wohnungen umfassend und ökologisch durchdacht saniert. Zur energetischen Gebäudesanierung nach KfW-Standard und zur optischen Aufwertung der Fassaden kommt eine attraktive Neugestaltung der Außenanlagen sowie der Bau eines zentralen Heizwerks mit umweltfreundlicher Biomassebefeuerung.
„Gut.Günstig.Grün." – mit diesem einprägsamen Slogan präsentiert sich der Wohnpark Zehntenhof auf großen Plakatwänden aktuell den Wiesbadener Bürgern. Der Eigentümer der insgesamt 21 Gebäude, die Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Wiesbaden 1950 eG – kurz GENO50, signalisiert damit nachdrücklich den grundlegenden Wandel der in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts erbauten Siedlung zu einem modernen, vor allem auch für junge Familien attraktiven Wohnpark des 21. Jahrhunderts.
Aufgelockerte Bebauung sorgt für hohen Wohnwert
Der Name „Zehntenhof" stammt von einer bäuerlichen Hofanlage in Schierstein, bei der früher die Bauern der Umgebung ihren „Zehnten" abzuliefern hatten. Beim „Zehnten" handelte es sich um eine etwa zehnprozentige traditionelle Abgabe an eine religiöse oder weltliche Institution wie an die Kirche oder Grundherren. Mit dem Bau der Häuser im Gebiet Neckar-, Mosel-, Lippe-, Wupper- und Elbestraße durch die GENO50 in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstand der Begriff „Zehntenhof-Siedlung".
Seit ihrer Erbauung in den Jahren 1963 bis 1967 bieten die Wohnungen dank der aufgelockerten Bebauung und den großen Grün- und Freiflächen einen hohen Wohnwert. Zudem zeichnen sie sich durch eine ruhige Lage am Ortsrand von Wiesbaden-Schierstein aus, liegen sie doch ganz in der Nähe von Rhein und Schiersteiner Hafen. Der Schiersteiner Ortskern mit allen wichtigen Infrastruktureinrichtungen ist nur ein paar hundert Meter entfernt, was das tägliche Leben und Einkaufen bequem und einfach macht. Der Zehntenhof bietet zudem eine gute Verkehrsanbindung an die Autobahn A66 über die nur wenige Autominuten entfernte Anschlussstelle Wiesbaden-Frauenstein und an den ÖPNV. Dies lässt sowohl die Freizeitlandschaft des Rheingaus als auch das Rhein-Main-Gebiet mit Frankfurt und dem internationalen Flughafen in greifbare Nähe rücken.
Umfassendes und durchgängiges Sanierungskonzept
Nachdem der Zehntenhof wie so viele Siedlungen aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts in die Jahre gekommen war, begann man im Jahr 2007 mit der Modernisierung der insgesamt 468 Wohnungen – verteilt auf insgesamt vier Sanierungsabschnitte. Ziel war es dabei von Beginn an, so GENO50-Vorstand Ralf Gerke, „nicht nur die einzelnen Wohnungen und Gebäude zu sanieren, sondern dem gesamten Areal im Rahmen eines umfassenden, zeitgemäßen und ökologisch durchdachten Sanierungskonzepts einen durchgängig veränderten Charakter zu verleihen". Auch für eine große Wohnbaugenossenschaft wie die GENO50 eine nicht alltägliche Aufgabe und eine in jeder Hinsicht enorme Herausforderung, denn, so Gerke weiter, „wann saniert man schon ein so großes und geschlossenes Ensemble en bloc in einem so kurzen Zeitraum".
Vor ähnlichen Herausforderungen sah sich bei dem Projekt auch das Planer-Team von den PLAN B Architekten & Ingenieure aus Mainz-Kastel gestellt. Galt es doch, eine vorhandene Bausubstanz nicht nur auf vielfältigste Weise zu sanieren, sondern zugleich sämtliche 21 Gebäude der Siedlung in einem einheitlichen, in sich geschlossenen Wohngebiet zusammenzuführen. Letztes sollte vor allem mittels eines speziellen Farbkonzepts erreicht werden, so Architekt Pitt Becker vom Planungsbüro F. Becker. Entwickelt wurde es von Christian Brandstädter, einem renommierten Farbgestalter aus Wiesbaden-Erbenheim. Dieses Farbkonzept umfasste neben den Fassaden auch die Balkone und die Eingangsbereiche. „Das im Rahmen einer energetischen Grundsanierung angefertigte Farbkonzept beabsichtigt die atmosphärische Veränderung hin zum Neuen als Zeichen eines Aufbruchs, gerade auch für junge Familien sichtbar machen", so Christian Brandstädter.
Farbige Giebelflächen prägen das gestalterische Bild
Die zentrale Farbcharakteristik wird durch einen Teil der Giebelflächen in den Farben Orange, Rot und Grün transportiert. Diese Giebelflächen sind in ihrer Bauart seitlich ausgeformt, sodass hier die Farbwirkung objekthafter erscheint. Diese farbigen Giebelflächen prägen das gestalterische Bild ganz entscheidend, weil, so Christian Brandstädter, „von diesen Flächen die eigentliche Farblichtstimmung ausgeht, die den Raum zwischen den Häusern definiert". Kleinere Akzentflächen innerhalb der Fassaden sowie Materialien im Bereich der neuen Balkone und Eingänge greifen diese Farbsetzungen auf und transformieren den Farbeindruck auf das gesamte Wohnquartier. Diese unterschiedlichen Gestaltungsbausteine profitieren in ihrem Zusammenwirken davon, dass im Bereich Architektur die Farbe immer auf etwas bezogen ist – auf ein Material, auf eine Form, auf einen Raum, und sie immer Teil eines Beziehungsgefüges ist. Auch steht Farbe immer vor einem Hintergrund und bildet Nachbarschaften mit anderen Farben, Formen und Materialien. Nach diesen Merkmalen farbiger Wahrnehmung und Beurteilung ist das Farbkonzept so ausgerichtet, dass es dem einzelnen Gebäude genügend Individualität gibt, zugleich aber auch den übergeordneten Gestaltungsrahmen für das Gesamte im Blick behält. Das ist wichtig, denn, so Pitt Becker, „auch kleine Kinder sollen ohne Probleme ihren Eingang finden".
Fassadendämmung als zentrale Maßnahme
Eine zentrale Maßnahme bestand darin, die Außenwände der einzelnen Gebäude mit einer modernen Wärmedämmung zu versehen. Zum Einsatz kam dabei auf insgesamt ca. 60.000 Quadratmetern Fassadenfläche das Capatect Wärmedämm-Verbundsystem. Wärmedämm-Verbundsysteme von Caparol stehen seit vielen Jahren für Fassaden-High-Tech „Made in Germany". Eine wichtige Voraussetzung für die Arbeiten am Objekt Wohnpark Zehntenhof war eine gute logistische Planung, insbesondere bezüglich der Materialbestellung für die auszuführenden Arbeiten. Diese wurden daher bereits im Vorfeld, d.h. sofort nach der Auftragserteilung, von dem ausführenden Unternehmen, der Baudekoration Richardt aus Gießen, und dem Caparol-Baustellenservice Center in Verbindung mit dem Großhandelspartner Engel & Jung in Lollar optimal abgestimmt. „Dadurch war sichergestellt, dass die Materialien wie Dämmplatten, Klebe- und Armierungsmasse im Silo, Gewebe, Schienen und Putz immer ausreichend vorhanden waren, um keine Fehlzeiten zu produzieren", so Bauleiter Wolfgang Leibold von der Baudekoration Richardt. Spezielle Fragen und Details vor Ort wurden in regelmäßig durchgeführten Objektterminen besprochen. Hier leistete die Caparol-Vertriebsmannschaft durch ihren Mitarbeiter Helmut Schmidt wertvolle Hilfe. Nach Begutachtung des Untergrundes, einem alten, verwitterten und ungestrichenen Kratzputz, wurden die Fassadenflächen gereinigt und grundiert. Anschließend wurden die Mineralwolleplatten Capatect 119 in 12 cm Stärke mit der Klebe- und Armierungsmasse 186M im Verbund nach Vorschrift verklebt. Die Verdübelung der Dämmplatten erfolgte mit dem Capatect-Universaldübel 052 mit Dübelscheibe.
Beim Kleben und Armieren kam modernste Maschinentechnik zum Einsatz. Als Oberputz wurde der Capatect-Mineral-Leichtputz K 30 aufgebracht und strukturiert. Glattputzflächen wurden mit Capatect-ArmaReno 700 gespachtelt und gefilzt. Nach ausreichender Trocknung der Putzbeschichtungen wurden die gesamten Fassadenflächen mit Caparol ThermoSan nach dem erstellten Farbkonzept gestrichen. Bei Caparol ThermoSan mit Nano-Quarz-Gitter-Technologie handelt es sich um eine Spezialbeschichtung für Fassaden nach dem Caparol Clean Concept mit Konservierung der Beschichtung gegen Pilz- und Algenbefall. Die Sockelflächen der Gebäude wurden nach dem Ausheben von Erdreich ebenfalls gedämmt. Die Verklebung der Flächen mit der Capatect-Perimeterdämmplatte 115 erfolgte hier mit der bituminösen Klebe- und Dichtungsmasse 114. Parallel dazu wurden auch die obersten Geschossdecken sowie die Kellerdecken der Gebäude gedämmt. Die Gebäude erfüllen nach der Sanierung den KfW-Standard, haben also dank der verbesserten Dämmung mindestens 30 % weniger Wärmeverluste als ein Standardhaus nach EnEV und einen Primärenergiebedarf von nur 60 kWh pro Quadratmeter Nutzfläche und Jahr.
Transparente Treppenhäuser
Gleichzeitig mit den Wärmedämmarbeiten wurden die Malerarbeiten in den Treppenhäusern der Gebäude ausgeführt. Ziel war hier, ein freundliches und einladendes Ambiente und in Verbindung mit den neuen Eingängen „mehr Transparenz zu schaffen", berichtet Pitt Becker. Zum Einsatz kam auf insgesamt ca. 5.000 Quadratmetern das Capafloc Vario-System, eine attraktive, mehrfarbige und strapazierfähige Effektbeschichtung für innen. Wegen der sehr wirtschaftlichen Verarbeitungstechnik und der besonderen technischen und optischen Eigenschaften ist das Capafloc Vario-System eine ideale Beschichtung bei Renovierungen. Strukturierte Altuntergründe wie festhaftende Altbeschichtungen, Glasgewebe und Kunstharzputze können ohne aufwendige Vorarbeiten renoviert werden und erhalten durch die Kombination der bisherigen Struktur und der mehrfarbigen Chips-Beschichtung eine eigenständige, sehr attraktive neue Optik.
Im Zuge der Sanierungsarbeiten wurden auch sämtliche Fenster und Fensterbänke ausgetauscht sowie die Balkone und die Balkonbrüstungen erneuert. Gleiches gilt für die Dächer einschließlich der Regenrinnen und Fallrohre.
Reibungslose Sanierung im bewohnten Zustand
Alle baulichen Maßnahmen wurden stets im bewohnten Zustand durchgeführt, um den Mietern einen Umzug auf Zeit, etwa in ein Hotel, zu ersparen. Dies erforderte jedoch neben einer rechtzeitigen Information auch eine ständige Kommunikation mit den Mietern (eine regelmäßige Sprechstunde vor Ort sorgte für die Klärung von Fragen und Problemen) sowie insbesondere eine exakte Vorplanung der verschiedenen Arbeiten. Geradezu minutiös mussten die einzelnen Gewerke, von denen zeitweise 12 Betriebe mit bis zu 60 Mitarbeitern gleichzeitig auf der Baustelle arbeiteten, koordiniert werden. Nur so konnte der enge Terminplan, der einen Sanierungszeitraum von rund 7 bis 8 Wochen pro Gebäude vorsah, eingehalten werden. „Da ist es wichtig, dass man über entsprechendes Wissen und Erfahrung im Objektgeschäft verfügt", betont Dietmar Döring, Geschäftsführer der Baudekoration Richardt GmbH & Co. KG. Mit über 60 Mitarbeitern zählt der in Gießen ansässige Malerbetrieb, der in Wiesbaden-Schierstein sämtliche Malerarbeiten an den Fassaden und in den Treppenhäusern ausführte, zu den leistungsfähigsten Betrieben in Hessen. Und Wolfgang Leibold, der im Zehntenhof als Bauleiter und Koordinator fungierte, ergänzt: „Wichtig war auch, dass man sich auf die Termintreue der Hersteller, im Falle der Fassadenarbeiten also die Firma Caparol, verlassen konnte". Eigentümer, Planer und Verarbeiter zeigten sich auch mit der Betreuung des Objekts vor Ort durch den zuständigen Caparol-Objektberater Helmut Schmidt sehr zufrieden.
Umweltfreundliches Heizsystem
Aber nicht nur in die Gebäudehülle und die Treppenhäuser, sondern auch in die gesamte Haustechnik wurde investiert. Dazu gehört die Erneuerung der zentralen Elektroversorgung über alle Etagen ebenso wie der Austausch der Wohnungs- und Hauseingänge einschließlich einer Gegensprechanlage und der Beleuchtung in diesen Bereichen. Den Einbau einer zentralen Heizungsanlage und Warmwasserversorgung verband man in Wiesbaden mit der gleichzeitigen Realisierung eines innovativen, umweltfreundlichen Heizsystems. Zu diesem Zweck errichtete man am Rande des Zehntenhof-Geländes ein zentrales Biomasse-Heizwerk, mit dem in Eigenregie ein Nahwärmenetz betrieben wird. Als Brennmaterial werden dabei Holzhackschnitzel genutzt, also ein heimischer, nachwachsender und CO2-neutraler Energielieferant, der eine weitgehende Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern wie Gas und Öl ermöglicht.
Verbesserungen im Wohnumfeld
Intensive Gedanken machten sich Planer und Eigentümer auch bei der Neugestaltung des Außenbereiches. Die über viele Jahre gewachsenen, parkähnlichen und für eine Großsiedlung dieser Art sehr großzügigen Grünanlagen wurde nicht nur erhalten, sondern nochmals sichtbar aufgewertet. Ein neues Wegenetz spielte hier ebenso eine Rolle wie der Bau ansprechender Abfallsammelplätze sowie von Gabionenelementen, die sowohl dem Sichtschutz, als auch der besseren Orientierung dienen. Wichtig war auch, dass die Umgestaltung zur Verbesserung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bewohner beiträgt - gemäß den Vorgaben der vom Hessischen Innenministerium und dem Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft gestarteten Aktion „Sicher Wohnen in Hessen". Dass dies bestens gelungen ist, zeigen nicht nur die Aussagen der Mieter, sondern bestätigt auch die Verleihung des Gütesiegels „Sicheres Wohnen in Hessen" an die GENO50 im Jahr 2008. Der Wohnpark mit seinen ganz konkreten Verbesserungen im Wohnumfeld und beim Wohnmanagement ist, wie der hessische Innenminister Volker Bouffier bei der Preisverleihung betonte, in dieser Hinsicht „ein wichtiger Beitrag zu den erfolgreichen Bemühungen des Landes zur Verbesserung der Sicherheitsarchitektur in Hessen". Denn, so Bouffier weiter, „bei dem Wohnpark Zehntenhof wurden im Rahmen der Modernisierungsmaßnahmen schon bei der Planung gestalterische und bauliche Maßnahmen berücksichtigt, die die Sicherheit der Häuser erhöhen und sich positiv auf das Sicherheitsgefühl der Bewohner auswirken".
Aber nicht nur im Hinblick auf ein gestiegenes Sicherheitsgefühl fällt das Urteil der Zehntenhof-Bewohner zur Umgestaltung des Ensembles positiv aus. Auch die moderne Farbgestaltung und die dank einer zeitgemäßen Fassadendämmung für die Mieter spürbare Heizkostenersparnis haben dazu beigetragen, dass der Wohnpark an Attraktivität gewonnen hat. Dazu kommt ein familienfreundliches Umfeld mit Grünanlagen und Spielplätzen. So kann auch die angestrebte Verjüngung der Mieterstruktur als durchaus gelungen betrachtet werden, wie GENO50 Vorstand Ralf Gerke bestätigt. „Gut.Günstig.Grün." ist also nicht nur ein Slogan der gut klingt, sondern der auch gut bei der Zielgruppe ankommt.