Nachher wie vorher - nur schöner
Energetische Aufwertung ohne Gesichtsverlust
Das am Rande von Hamburg gelegene Barmbek war von der Landwirtschaft geprägt, bevor sich im Zuge der Industrialisierung in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts der Stil der „Neuen Sachlichkeit" durchsetzte und den Ort zu einem urbanen Kulturdenkmal von internationalem Rang machte. 1937 wurde er mit dem Groß-Hamburg-Gesetz in die Hansestadt eingegliedert. Nach einer infolge des wirtschaftlichen Strukturwandels in den 70er und 80er Jahren einsetzenden „sozialen Talfahrt" hat sich die Region erholt und gilt heute als attraktiver familienfreundlicher Stadtteil. Daran haben nicht nur die Wohnungsunternehmen mit ansprechenden Wohnprojekten ihren Anteil, sondern gleichermaßen die alteingesessenen Hauseigentümer, die ihr Wohneigentum über die Jahrzehnte in seiner Ursprünglichkeit erhalten haben. Eine solche Adresse ist das Mehrfamilienhaus in der Nord-Barmbeker Wasmannstraße 15-17 der Felix Reinhardt GbR, das seit seiner Errichtung im Jahre 1926 – noch auf grüner Wiese – im Familienbesitz ist und über die Generationen hinweg von Eigentümern und Nutzern fürsorglich behandelt wurde. Dabei hat das ansehnliche Haus, das mit seiner Putzfassade im Backstein dominierten Barmbek aus dem gewohnten Rahmen fällt, diese oder jene Veränderung erfahren, aber sein ursprüngliches Gesicht bewahrt. Jedoch gehen die Jahre auch an einem solide gebauten Wohngebäude nicht spurlos vorüber, so dass sich die Eigentümergemeinschaft, die ihrem Mitglied Bauingenieur Frank Reinhardt die Verwaltung des Hauses übertragen hat, einvernehmlich entschied, der Gebäudehülle Schönheit und Ausstrahlung zurück zu geben. Denn die Schäden an den Gesimsen, Rissbildungen und Abplatzungen an der Fassade vor allem im Bereich der Balkone und Alterungserscheinungen am Dach waren nicht zu übersehen. Einmütigkeit herrschte aber auch darin, dass eine Sanierung zugleich die aktuellen Energiestandards berücksichtigen musste, ohne am Erscheinungsbild entscheidende Veränderungen vorzunehmen. Mit der Investition sollte das Haus eine Perspektive für weitere Jahrzehnte erhalten.
Entscheidung nach Bestandsaufnahme
Die Festlegung des Umfangs der baulichen Maßnahmen erforderte eine gründliche Kostenabwägung. „Nachdem das Haus über Generationen Erträge abgeworfen hat", resümierte Frank Reinhardt, „waren wir auch bereit, in einem Maße zu investieren, das die umlagefähigen Mieteinnahmen übersteigt". Die Entscheidung für eine angemessene Wärmedämmung der Fassade eröffnete zugleich die Möglichkeit, Förderung durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Anspruch zu nehmen. Trotz des eigenen Potentials an baufachlichem Wissen sicherte sich die Eigentümergemeinschaft bei ihren Entscheidungen die fachliche Hilfe der Hamburger Amend + Hinrichs Ingenieurgesellschaft, die sich in der Branche einen Namen gemacht hat. Aus einem Büro für Bauwerksabdichtungen hervorgegangen, deckt die Gesellschaft mit ihrem Potential an Architekten und Bauingenieuren heute von der Planung, Ausschreibung und Bauüberwachung das ganze Aufgabenspektrum rund um die Gebäudehülle ab, der sie sich auch in der Wasmannstraße annahm. Ausgehend von der Bestandsaufnahme der Konstruktion und des Schadensbildes, so Geschäftsführer Dipl.-Ing. Fokko Hinrichs, der schon mehr als zwanzig Jahre auf den unterschiedlichsten Baustellen zu Hause ist, wurde unter Berücksichtigung der in den 30er Jahren üblichen Bauweise auf die Schadensursachen und Möglichkeiten ihrer Behebung geschlossen. Als sanierungsbedürftig erwiesen sich im Ergebnis der Untersuchungen nicht nur Fassade und Balkone, sondern auch das Dach mit seiner veralteten Pfannendeckung. Handlungsbedarf bestand vor allem an den durch Korrosion der Stahlträger verursachten Putz- und Mauerwerksblessuren. An mehreren von insgesamt zwölf Balkonen gab es einen „Totalschaden", die anderen mussten mehr oder wenig aufwendig instand gesetzt werden. Die Stahlträger konnten nach Beseitigung von Korrosion und Konservierung bis auf eine Ausnahme an Ort und Stelle belassen, die Schäden am Fassadenputz durch die gewählte Dämmmaßnahme auf ein Minimum reduziert werden, so dass sich die Sanierung insgesamt zwar als kostenintensiv, aber baulich überschaubar und für die wohnliche Nutzung in dieser Zeit als zumutbar erwies.
Das auf dieser Basis entstandene Sanierungskonzept des Ingenieurbüros erfasste im ersten Schritt die baulichen, im zweiten Schritt die energetischen Aspekte und leitete daraus wirtschaftlich vertretbare Lösungsvarianten ab. Die Entscheidung wurde im Kreise der Familie zugunsten der Sanierung von Nordfassade, Balkonen und Dach getroffen. „Bei weiteren baulichen Maßnahmen wäre das Kosten-Nutzen-Verhältnis ins Ungleichgewicht geraten", merkte Frank Reinhardt an.
Kompetenz gab Ausschlag
Der Detailplanung durch das Ingenieurbüro folgte die beschränkte Ausschreibung des Bauvorhabens. Die Unterlagen gingen an Firmen, die sich durch Kompetenz und Qualität in der Region einen Namen gemacht hatten. Den Zuschlag für die Maurerarbeiten erhielt die Bauschutz GmbH & Co.KG, für die Dämmung die John Lewien Malereibetrieb GmbH, die – 1932 von John Lewien gegründet – seitdem ihre Handschrift an zahllosen Gebäuden und Bauwerken im Großraum Hamburg hinterlassen hat. Das traditionsreiche Unternehmen hat sich seit seiner Gründung von einem klassischen Malereibetrieb zu einem marktkonformen Unternehmen entwickelt, das sich allen Anforderungen im Spektrum von Malerarbeiten, Erhaltung und Gestaltung von Fassaden über Wärmedämmung und Betoninstandhaltung bis hin zum Korrosionsschutz stellt. Dabei stehen für die mehr als 100 versierten Mitarbeiter Kundenwünsche und Kundenzufriedenheit an erster Stelle. Im Bereich Malerarbeiten hält Geschäftsführer Torsten Rettig die Fäden in der Hand, der über eine gehörige Portion Kompetenz und Erfahrung verweisen kann. Auf der Grundlage der Ausschreibung sei die Entscheidung über den Einsatz geeigneter Systeme leicht gefallen, stellte er fest. „Wir haben seit Jahren mit den Produkten aus dem Hause Caparol gute Erfahrungen gemacht. Die daraus erwachsene Materialkenntnis und Anwendungspraxis tragen entscheidend zu hoher Qualität und Fehlerminimierung bei." An der Fassade kam im Ergebnis der Berechnung des Ingenieurbüros das Capatect Wärmedämm-Verbundsystem mit einer 180 mm starken Dalmatiner Styropor-Dämmplatte zum Einsatz, die in Anlehnung an das überlieferte Fassadenbild mit einem Mineral-Leichtputz versehen und auf Empfehlung des Verarbeiters dem vor Algen- und Pilzbefall schützenden ThermoSan NQG überstrichen wurde. Denn sowohl an Grün als auch an Straßenverkehr herrscht im Wohngebiet Wasmannstraße kein Mangel.
Viel Mühe bereitete, die vom Ursprung her reichlich vorhandenen Stuckelemente in die Fassade einzubinden. In gemeinsamer Beratung von Planer, Verarbeiter und Caparol-Verkaufsberater Stephan Matthes wurden aus dem Capapor-Angebot geeignete Profile ausgewählt bzw. passend gemacht. „Um zu verhindern, dass die Fensterlaibungen den Charakter von Schießscharten erhielten, entschlossen wir uns, die Flächen nach außen hin aufgehen zu lassen", berichtete Frank Reinhardt. Das macht dem Licht den Weg frei und öffnet die Fassade. Dazu wurde zunächst mit Unterstützung von Caparol eine Musterlaibung hergestellt. Um das die ganze Hausfront erfassende Gesimsband mit seinen Auftreppungen und die an den Balkonen vorhandenen Stufungen in alter Schönheit wiederherzustellen, wurden Dämmplatten aufgedoppelt. Mit der aus rund 180 Capapor-Teilen bestehenden Zahnleiste unter dem Gesims erhielt das Gebäude sein filigranes Schmuckstück zurück. Für die Farbgestaltung unterbreitete die Farbdesignerin Carmen Rubinacci vom Caparol FarbDesignStudio in Ober-Ramstadt Vorschläge, die der Entscheidungsfindung wertvolle Impulse gaben. Die in der Konsequenz gewählte dezente Zweifarbigkeit trägt dem wohltuend sachlichen Charakter des Mehrfamilienhauses Rechnung. Das Dach erhielt, ausgeführt von der Fabricius Dachdeckerei und Zimmerei, eine neue Bedeckung mit Tonpfannen. Bauingenieur und Miteigentümer Reinhardt verwies darauf, dass Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Innenbereich Zug um Zug bei Leerstand von Wohnungen erfolgt.
Nach Abschluss der Arbeiten herrscht rundum Zufriedenheit. Das gilt auch für die 19 Mietparteien, die die Sanierung mit viel Verständnis begleiteten. Dafür gibt es allen Grund, ist es doch gelungen, das Haus energetisch auf zeitgemäßen Stand zu bringen, ohne an seiner Ursprünglichkeit Abstriche vornehmen zu müssen. Für die Mieter wird sich die Investition in einem Gewinn an Wärme und Wohnlichkeit auszahlen.
Autor: Wolfram Strehlau, Caparol
Fotos: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Martin Duckek
Bautafel
Objekt
Mehrfamilienhaus, viergeschossig, Wasmannstr. 15-17, 22307 Hamburg
Baujahr: 1926
Auftraggeber
Felix Reinhardt Erben GbR Grundstücksverwaltung
Auftrag
Bauliche und energetische Sanierung von Nordfassade, Balkonen und Dach
Bauüberwachung
Amend+Hinrichs Ingenieurgesellschaft, Am Blumenacker 18, 22335 Hamburg,
Verarbeiter
John Lewien Malereibetriebe GmbH, Berner Chaussee 26, 22175 Hamburg
Maurerarbeiten/Balkone
Bauschutz GmbH & Co. KG, Niederlassung Nord, Großmoorkehre 8, 21079 Hamburg,
Dachdeckung
Fabricius Dachdeckerei und Zimmerei, Dorfstr.24, 23827 Krems II