Blauer Kosmos zum Abtauchen
So intensiv wie robust – Intensive Farbigkeit für brillantes Interiordesign
Ein Name, der Programm ist: „Blau" enttäuscht nicht, im Gegenteil. Wer die Stuttgarter Loungebar besucht, taucht sogleich komplett ab, überrascht, ja überwältigt von der Dominanz intensivster, tiefer Blaunuancen und einem sich auflösenden Raum. "Blau" Stuttgart wurde im Wettbewerb "Die schönsten Restaurants & Bars 2021" als "schönste Bar im deutschsprachigen Raum" ausgezeichnet. Auslober ist der Callwey Verlag in Zusammenarbeit mit dem bdia Bund Deutscher Innenarchitekten, dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband e. V. (DEHOGA Bundesverband), der INTERNORGA, Leitmesse für Gastronomie sowie den Medienpartnern AHGZ Allgemeine Hotel- und Gastronomiezeitung, SALON und dem Architekturmagazin Baumeister. Aufgerufen waren Architekten, Planer und Gastronomen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, um ihre besten Arbeiten einzureichen.
„Eine surreale Welt inmitten urbaner Realität" nennen die Architekten die Grundidee ihres Konzeptes, man könnte auch von einem Refugium inmitten städtischer Betriebsamkeit sprechen. In der Loungebar, mit rund 90 Quadratmetern eher ein Kleinod denn eine Groß-Inszenierung, lösen sich die gewohnten Eindeutigkeiten des Raumes auf. „Wir wollten einen unwirklichen Ort schaffen, in dem aus Assoziationen ein Raumgefühl entsteht", so Hadi Tandawardaja vom planenden Büro Somaa. Und: „Farbe und Haptik eignen sich wunderbar, um unsere Sinne zu stimulieren." Die Wahl fiel auf Blau – besser: auf fünf Nuancen der Saphir-Familie von Caparol, die sich zu einem Fünfklang ergänzen. Dominant jedoch ist Saphir 5, mit einem Hellbezugswert von gerade mal 7 ein extrem intensiver und dunkler Ton.
Die Farben des Fünfklangs wechseln aber nicht etwa brav an den Raumkanten, sondern mitten in den Flächen. Diese Teilflächen springen von den Wänden zu Decke über – und umgekehrt. Dass der Raum damit an Eindeutigkeit verliert, ist Absicht: „Da keine Raumgrenzen mehr erkennbar sind, lässt uns der Raum glauben, er sei unendlich", so Hadi Tandawardaja.
Tiefes Blau und warmes Messing
Diese Irritation im sogenannten Gastraum verstärken Messingportale – weder an der Raum- noch der Farbstruktur orientiert und frei eingestellt, definieren sie subtil einzelne Sitzbereiche. Die Blaunuancen, das Messing sowie das warme Naturleder der handwerklich produzierten Sofagruppen spielen kontrastreich zusammen und produzieren eine Spannung, die auch bei vollem Haus trägt. Möblierung, Messingrahmen, Spiegel am Raumende sowie Farbflächen verleihen den knapp 43 Quadratmetern einerseits einen offenen Charakter, andererseits entstehen vage definierte Aufenthaltsbereiche mit verschiedenen Qualitäten.
Die Auflösung des Raumes
Ein gläsernes Flaschenregal nur trennt den Gast- vom angrenzenden Barraum – eine Fortsetzung des Gastraum-Konzeptes erwartend, wird der Besucher abermals überrascht. Zwar setzt sich die dunkle Grundstimmung – erzeugt von Saphir 5 aus der 3D-Farbtonkollektion an Decke und Wänden sowie einer schwarz lackierten Theke – fort, doch nur, um den Bereich hinter dem Tresen umso stärker leuchten zu lassen. Die gesamte Rückwand besteht aus großflächigen, warm schimmernden Messingpaneelen. Der Kontrast zum dunklen Blau könnte kaum größer sein. Und: Die Messingfläche überspringt die Raumkante, geht in die Decke über, um dort hart auf das Blau zu stoßen. Die diagonal verlaufende Messing-Blau-Grenze ist so dominant, dass die eigentlich raumdefinierende Wand-Decken-Linie irrelevant wird. Deckenhohe Spiegel auf der Gegenwand sowie der diagonal differenzierte Bodenbelag verstärken das irritierende Raumerlebnis gekonnt.
Matt, brillant und robust: Die Wandfarben
Eine so intensive Farbkomposition zu entwerfen ist das eine – das andere die Präsentation und Prüfung vor Ort. „Es gab eine intensive Bemusterungsphase und eine ganz direkte Abstimmung mit dem Auftraggeber", erklärt Planer- und Objektberater Carsten Tümpner. Denn die Farbbrillanz lieferte Caparol – in Form von Wandfarben, die auf maximale Farbwirkung, Strapazierfähigkeit und Härte ausgelegt sind. „PremiumColor" ist prädestiniert für hochfrequentierte Objekte wie die Loungebar: „bei den engen Verhältnissen dort kommt es unweigerlich zum Kontakt zwischen Gast und Wand", so Carsten Tümpner. Dank spezieller, synthetischer Füllstoffe und Carbonfaser-Verstärkung sind die matten und kaum strukturierten Anstriche leicht zu reinigen und widerstehen auch starken mechanischen Belastungen. Der sogenannte Schreibeffekt, ein durch Reiben oder Berühren hervorgerufenes Aufpolieren der matten Oberfläche ist hier so gut wie ausgeschlossen. Kommt es doch zu Schäden, dann lässt sich die Beschichtung partiell ausbessern. Sollten dennoch einmal helle Streifen durch mechanische Beanspruchung entstehen, so lassen sich diese problemlos mit einem feuchten Tuch entfernen. Damit wird gewährleistet, dass das intensive Farberlebnis, gleichwohl die Basis des Gastronomie-Konzeptes, über lange Zeit erhalten bleibt.
Armin Scharf
Fotos: Zooey Braun, Stuttgart
Die Architekten
Das Büro Somaa wurde 2007 zusammen von Hadi A. Tandawardaja und Tobias Bochmann gegründet. Beide haben Architektur und Städtebau an der Universität Stuttgart und an der EPFL im schweizerischen Lausanne studiert. Somaa entwickelt sowohl Interieur- wie auch Hochbauprojekte für die Gastronomie, für das Arbeiten, Wohnen und die Bildung. Das Ziel des Stuttgarter Büros ist, „authentische und gleichzeitig nachhaltige wie flexible Lösungen zu schaffen", die dem „emotionalen Bedürfnis nach Kontinuität und Authenzität" gerecht werden.
somaa.de
Bautafel:
Objekt:Barlounge Blau, Stuttgart
Bauherr:Belgin Yogurtcu, Stuttgart
Architekt:Somaa, Stuttgart
Caparol Außendienst:Carsten Tümpner
Farbkonzept:Somaa, Stuttgart
Fertigstellung:2020