Den Schall in allen Fasern aufnehmen
Hanf sorgt für gute Akustik
Schallabsorberplatten aus Hanf, das ist heute die Lösung gegen schlechte Akustik bei Musikveranstaltungen und anderen Events in der Siegwarth Gartenmanufaktur GmbH & Co. KG in Singen am Bodensee. Das Naturmaterial, aus dem die neue Generation an Schallabsorbern „CapaCoustic Nature" von Caparol besteht, passt perfekt zum Umweltanspruch und dem grünen Ambiente des Gartengestalters und Eventmanagers Manfred J. Siegwarth. CapaCoustic Nature ist nachhaltig, sieht gut aus und erfüllt die akustischen Ansprüche genauso wie Absorberplatten aus synthetischen Materialien oder Mineralfaserplatten.
Mediterranes Flair, doch schallharte Oberflächen
Warmtonig und weich wirken die Wände im Veranstaltungsraum der Gartenmanufaktur in Singen-Bohlingen. Sie wurden in drei Farbtönen mit Sylitol Bio Innenfarbe so gespritzt, dass sie wie gewischt aussehen, genauso wie die angrenzenden Wände aus Mauerwerk und Putz. Bei näherer Betrachtung zeigen die schallgedämmten Wände lebendige organische Strukturen. Streicht man mit der Hand drüber, fühlt sich die Oberfläche warm an. Die gepressten Naturfasern sind zu spüren.
Die Beschichtungstechnik erinnert an verwaschene, verwitternde Fassaden, wie sie häufig in mediterranen Ländern zu sehen sind. Dazu passt die Flachdachdecke mit naturbelassenen, dicken, dunkelbraunen Rundholztragbalken und Holzsparren, die mit warmtonigen Terracottaplatten bedeckt sind, so wie es in toskanischen Landhäusern üblich ist. Die Decke ist schön anzusehen, doch im Zusammenwirken mit anderen schallharten Oberflächen wie raumhohen Fenstern, dem Glasdach und einem Laminatboden, gab es akustische Probleme. Das zeigte sich bei Musikveranstaltungen und anderen Events, die hier regelmäßig stattfinden. Veranstalter, Künstler und Besucher wünschten eine bessere Akustik.
Akustikmaßnahmen waren an den Wänden zu realisieren
Geht es um die Verbesserung der Akustik, wird üblicherweise die Decke als erstes in Betracht gezogen. Die kam in der Gartenmanufaktur aus ästhetischen Gründen nicht in Frage – das „toskanische Dach" sollte frei von Akustikmaßnahmen aller Art bleiben, auch von abgehängten Elementen wie CapaCoustic Melapor-Baffle oder Deckensegel: Also blieben nur die Wände. Geschäftsführer Thilo Simeoni vom RKS-Malerteam, der von Siegwarth beauftragt war, eine Lösung zu finden, beriet sich mit Caparol-Fachberater Bernd Schamberger. "Wegen der Natürlichkeit und Nachhaltigkeit und ihrer individuellen und lebendig wirkenden Farbausprägung und Oberfllächenstruktur war für mich klar, dass unsere neu entwickelten Hanf-Absorberplatten CapaCoustic Nature für die Gartenmanufaktur geradezu prädestiniert sind", berichtet der Fachmann rückblickend. Ein weiteres wichtiges Kriterium war, dass die offenporösen Hanfplatten gute Schallabsorptionswerte haben und dass Hanf vor allem im unteren Wandbereich robuster und schlagfester ist als beispielsweise die Absorberplatten aus Melaminharzschaum. Hanf hat die Baustoffklasse 2 und ist als Baumaterial schon vielfach im Einsatz. Neu ist die Verwendung von Hanfplatten als Schallabsorber zur Regulierung der Nachhallzeiten im Innenraum. Bei der Herstellung werden die Hanffasern mit Hilfe von Druck und Wärme zu einer festen, vliesartigen Platte gepresst.
Ein gelungenes Experiment
Thilo Simeoni testete die Verarbeitung. „Ich war sehr neugierig auf das Naturmaterial und freute mich dann, dass es sich nicht nur einfach verarbeiten lässt, sondern auch gut riecht, wie Heu. Es war ein gutes Gefühl, damit zu arbeiten", berichtet der Maler, der im Laufe seiner 30-jährige Berufserfahrung schon viel Dämmmaterial verarbeitet hat. Mit handwerklichem Geschick brachte er zusammen mit einem Malerkollegen und dem Caparol-Anwendungstechniker Artur Fedoruk die 625 x 625 mm großen und 45 mm dicken Platten an, die sorgfältig verpackt in die Gartenmanufaktur geliefert worden waren. Knifflig waren die Anschlüsse an die raumhohen Fenster und am Glasdach. Mittels Stichsäge und einem Dämmstoffsägeblatt konnten die Platten einfach zugeschnitten werden. Wie aber lässt sich die Fase am Zuschnitt herstellen? Thilo Simeoni tüftelte gemeinsam mit dem Caparol-Team die beste Lösung aus, indem sie die Kanten der Hanfplatte mit einem Handwinkelschleifer, bestückt mit einem Schleifteller bzw. einer Schleifscheibe herausarbeiteten. Grobe Fransen wurden mit der Schere entfernt, ansonsten ließen sich die Schnittflächen durch überbügeln mit einem Bügeleisen nachglätten.
CapaCoutic NaturePlatten werden vollflächig mit dem mineralischen CapaCoustic Kleber 037/12 direkt auf Decke oder Wandflächen verklebt. Maßtoleranzen konnten mit dem Kleber und Hanffaserresten einfach ausgeglichen werden, wie Thilo Simeoni von RKS berichtet.
Prima Akustikbilanz mit 50 Prozent Grundflächenbelegung
Insgesamt wurden 75 Quadratmeter Hanf-Absorberplatten in kurzer Zeit an den Wänden verklebt und fertig beschichtet. Eine Wand blieb vorerst noch frei. Die Hanfabsorberfläche entspricht ca. 50 Prozent der Grundfläche des Veranstaltungsraums. Ein Wert, der ausreicht und wirkt, denn die offenen Poren und die raue Oberfläche des fasrigen Materials können sehr viel Schall aufnehmen. Schall, der im Raum entsteht und an schallharten, dichten und glatten Oberflächen reflektiert wird und als Nachhall im Raum bleibt. „Vor der Sanierung mit CapaCoustic Nature waren Musiker und Besucher oft unglücklich über die Akustik hier im Eventraum. Eine ruhige Unterhaltung war auch bei Veranstaltungen ohne Musik kaum möglich. Durch die Hanf-Akustikplatten ist das um Klassen besser geworden. Das bestätigen uns die Künstler einhellig und auch viele Besucher", beschreibt Eventmanager Manfred J. Siegwarth die Situation. CapaCoustic Nature überzeugt mit einem Absorptionsgrad von aw = 0,75. „Das sind Werte, die man sonst nur von synthetischen Materialien oder Mineralfasern kennt, die mit hohem Energieaufwand hergestellt werden", weiß Bernd Schamberger. Ohne Verlust der Schallabsorptionsleistung können die offenporigen CapaCoustic Nature-Platten mit der silikatischen Bio-Innenfarbe nach CaparolColor oder 3D System plus im Spritzverfahren beschichtet werden. Die Platten werden naturbelassen geliefert oder werkseitig beschichtet. Hier im Farbton 3D System Plus Savanne 15.
Beim Thema Nachhaltigigkeit ist Hanf überragend
Erfreulich ist auch die positive Ökobilanz des Hanfmaterials: Die Pflanze wird in ökologischer, regionaler Landwirtschaft ohne Dünger und Pestizide in Österreich angebaut. So entsteht bereits während der Rohstoffgewinnung eine positive Kohlendioxidbilanz. Außerdem bedeutet das kurze Transportwege mit wenig Energiebedarf für die Lieferung. Der Verwertungsgrad der Hanfpflanze liegt bei 97 %, was diese zu einem der effizientesten Agrarrohstoffe macht. CapaCoustic Nature ist absolut nachhaltig und auch optisch ansprechend: Mit seiner unregelmäßigen Faserstruktur, die auch unter der gespritzten Mineralfarbe oder einer werksseitig angebrachten Vorbeschichtung hervortritt, ist der Pflanzenfaser-Schallschutz ein Hingucker. CapaCoustic Nature-Platten muten weich an, sind aber hart im Nehmen und stecken manchen Stoß weg. Kurzum: Funktion, Umweltrelevanz und Optik stimmen, mit diesen Vorzügen gibt es immer Kunden, die auch bereit sind, dafür etwas mehr zu investieren.
Bärbel Daiber
Fotos: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Martin Duckek
Arbeitsfotos: Bernd Schamberger/Caparol
Bautafel
Bauherren: Siegwarth Gartenmanufaktur GmbH & Co. KG, Singen-Bohlingen, Gartenmanufaktur Siegwarth
Großhandel: Farbtex Singen
Ausführende Firmen: RKS Malerteam, Steißlingen, Thilo Simeoni
Betreuende Caparol-Mitarbeiter: Bernd Schamberger und Artur Fedoruk
Produkte: Caparol Klebe- und Spachtelmasse 190, CapaCoustic Nature, Sylitol Bio Innenfarbe