Erstes Bürogebäude mit Nachhaltigkeitszertifikat
LEED Gold: Hochhaus des Süddeutschen Verlags ausgezeichnet
Für ihr nachhaltiges Energie- und Klimakonzept bekam die 2008 errichtete Zentrale des Süddeutschen Verlags in München ein LEED-Zertifikat in Gold verliehen – und zwar als erstes Bürogebäude in Deutschland. Der hochmoderne Gebäudekomplex, entworfen von GKK+Architekten Prof. Swantje Kühn, Oliver Kühn (Berlin), setzt nicht nur ökologische und ökonomische Standards – auch die beeindruckende Architektur aus Glas und Stahl beeindruckt. Der Bauherr, die Süddeutscher Verlag GmbH, legte zudem Wert auf gestalterisch und qualitativ hochwertige Wandbekleidungen und -beschichtungen.
„Ein Verlagshaus hat als kulturelle Institution eine ganz besondere Verantwortung gegenüber dem öffentlichen Raum. Die Fassade spiegelt diese Verantwortung wider und gibt dem Verlagshaus, das heute wie ein geschliffener Kristall am neuen Standort steht, seinen eigenen und unverwechselbaren Charakter", erklärt Architekt Oliver Kühn. Eine besondere Herausforderung für die Planer war, dass der ursprünglich auf 145 Meter konzipierte Bau nach einer Volksabstimmung auf 100 Meter umgeplant werden musste. Die neue Firmenzentrale, die sich gegenüber dem Druckzentrum befindet, besteht aus dem architektonisch prägnanten, 100 Meter hohen, sehr schlanken Hochhaus, das über einen sechsgeschossigen Flachbau mit dem lichtdurchfluteten, repräsentativen Atrium verbunden ist. Dies erschließt die beiden Bürogebäude und bildet den kommunikativen Eingangsbereich. „Das transparente Atrium weitet den Blick, ist für großzügige Kommunikationsbereiche terrassiert und lässt die Vertikale des angelagerten Hochhauses unmittelbar erfahren. Dessen prismatische Längsfassaden reflektieren Landschaft und Himmel, entmaterialisieren fast völlig den Körper, der sowohl Zellen- als auch Teambüros mit eigenen Kommunikationszonen besitzt", beschreiben die Architekten ihr Bauwerk.
Der Gesamtbau bietet in den 28 Geschossen Arbeitsplätze für rund 1.850 Menschen. Der Gebäudekomplex, der in 36-monatiger Bauzeit mit einer Bausumme von ca. 113 Mio. Euro errichtet wurde, besticht durch ein ausgeklügeltes Energiemanagement.
Energieeinsparung, Hybridlüftung und Geothermie
Das Energiekonzept des vollverglasten Hochhauses ruht auf drei Säulen: Einer Minimierung des zukünftigen Energieverbrauchs, der Nutzung überschüssiger Wärmeenergie innerhalb des Gebäudes sowie einer optimierten Energiebereitstellung aus möglichst erneuerbaren Energien. Gelungen ist das insbesondere durch die jahreszeitlich optimierte Nutzung von Heiz- und Kühlenergie mit Hilfe der Geothermie in Verbindung mit Betonkernaktivierung sowie einer Hybridlüftung. Die Hybridlüftung basiert auf zwei unterschiedlichen Betriebsweisen: Während der Übergangszeit im Frühjahr und Herbst ermöglicht die Doppelfassadenkonstruktion eine natürliche Belüftung und der Nutzer kann über Fenster lüften. Im Sommer und Winter erfolgt die Wärme- oder Kältezufuhr über dezentrale Fassadenbelüftungsgeräte in Kombination mit Gebläsekonvektoren. Die Mitarbeiter können vom PC aus die Raumtemperatur, die Lüftung und den Sonnenschutz steuern. Die Hybridlüftung wurde in allen außen liegenden Büros eingesetzt, also auf rund 85 Prozent der Gesamtgebäudefläche.
Die vorhandene Betonkernaktivierung deckt die Grundlast an Wärme und Kälte in den Nutzungszonen ab und gewährleistet die meiste Zeit des Jahres behagliche Raumtemperaturen ohne Einsatz der Gebläsekonvektoren. Im Rahmen eines „Energy Balancing" wird überschüssige Wärme innerhalb des Gebäudes dorthin geleitet, wo sie genutzt werden kann. So wird zum Beispiel die Abluft der Büroräume zur Vorerwärmung der Außenluft genutzt. Herzstück der Energiegewinnung ist die Geothermieanlage: 36 statisch relevante Bohrpfähle á 20 Meter Länge wurden thermisch aktiviert. Mit Hilfe der Betonkernaktivierung wird im Sommer überschüssige Wärme aus den Büroräumen in das Erdreich „eingelagert", um diese im Winter zum Beheizen der Räume zu verwenden. Diese saisonale Wärmeverschiebung sowie die Nutzung überschüssiger Abwärme führt zu einer Energieeinsparung von ca. 80 Prozent im Grundlastbetrieb gegenüber herkömmlichen Systemen. Der verbleibende Wärmeenergiebedarf wird über das städtische Fernwärmenetz gedeckt, das heißt über Kraft-Wärme-Kopplung. Den Energieverbrauch senken auch Lichtsensoren: Sie messen den natürlichen Lichteintrag und sorgen durch eine optimierte Zugabe von Kunstlicht für ideale Lichtverhältnisse am Arbeitsplatz.
Farbgestaltung in den Farben einer Druckerei
Bei der Farbgestaltung ließen sich die Planer von Farbtönen inspirieren, die beim Zeitungsdruckverfahren vorherrschen: „Das (Drucker-)Schwarz der Metallprofile, das Weiß des Papiers an den Wänden und das Silber der Druckmaschinen an Böden und Decken sind die einzigen Farben im Verlagshaus", erläutert Oliver Kühn. So erhielten der Eingangsbereich, die Ausstellungsflächen und die Kernwände einen hochwertigen, matten Anstrich mit Caparol PremiumColor in Anthrazit, einem Farbton, der Assoziationen an die Druckerschwärze der Zeitung weckt. Hinter der Empfangstheke prangt der Schriftzug „Süddeutscher Verlag" in silbernen Lettern auf einer edel-anthrazitfarbigen PremiumColor-Wand.
Für die stark frequentierten Bereiche war eine strapazierfähige Farbe erforderlich. Matte Oberflächen in dunklen oder anderen kräftigen Farbtönen waren bislang schwierig, wegen des so genannten Schreibeffekts, bei dem weiße Streifen infolge mechanischen Abriebs entstehen. Mit der neu entwickelten Innenwandfarbe PremiumColor lassen sich jetzt matte Oberflächen in kräftigen Farbtönen herstellen, die sehr strapazierfähig auch gegen Abrieb sind. Möglich machen dies spezielle Bindemittel und Füllstoffe auf Carbonbasis. Die Kohlefasern schützen die im Bindemittel verankerten Farbpigmente durch ihre extreme Härte vor Abrieb. Die matte Optik in Anthrazit wirkt sehr edel und hochwertig und passt gut zum modernen, ebenfalls in dunklem Farbton gehaltenen Glas-Edelstahl-Ambiente des hochmodernen Bauwerks. In einigen Büroetagen wurde jedoch eine Ausnahme zum durchgängigen Farbkonzept in Weiß, Schwarz/Anthrazit und Silber gemacht: Dort sind die Flure als Eyecatcher in einem leuchtend roten Farbton mit PremiumColor gestaltet.
Hochwertige Farben – bis hinab in die Tiefgarage
Die Wände und Decken in den Büros wurden mit der emissionsminimierten, lösemittelfreien und geruchsarmen Dispersionsfarbe CapaDIN im Farbton Antikweiß im Rollverfahren beschichtet. In Bereichen, in denen aufgrund unterschiedlicher Untergründe, wie Gipskarton, Putz und Beton sowie voraussichtlicher Trocknungsprobleme Risse zu erwarten waren, griffen die Planer auf das rissüberbrückende Capaver AkkordVlies Z zurück. Die unbeschichtete Zellstoff-Polyester-Vliese sind nicht nur praktisch, mit der modernen Wandbekleidung, die es in vielen unterschiedlichen Designs, Typen, Farbtönen und Glanzgraden gibt, lassen sich je nach Technik der Beschichtung und Farbton hochattraktive und individuelle Wandoberflächen gestalten. Im Falle einer Umgestaltung können die so tapezierten Wände einfach neu beschichtet oder die Tapeten problemlos abgezogen werden. Vor dem Tapezieren wurden die Oberflächen mit der Kunstharzspachtelmasse Akkordspachtel SXL vorbereitet, um so die für die Tapezierung mit AkkordVlies Z erforderlichen glatten Oberflächen auf Beton und Gipskartonplatten herzustellen.
An den Wänden und Decken in der Tiefgarage mit 525 Stellplätzen kam Sylitol Bio-Innenfarbe von Caparol zum Einsatz. Der Auftraggeber wünschte eine diffusionsoffene Innenwandfarbe, um die Bildung von Feuchtigkeit zu vermeiden. Die hochwertige Innenfarbe verhindert außerdem die Vermehrung oder das Wachstum von Bakterien und Pilzen durch die natürliche Alkalität des Bindemittels. „Die Flächen wurden teilweise gerollt; dort, wo es sinnvoll und möglich war, erfolgte die Applikation im Spritzverfahren. Hierfür wurde das Material in Edelstahlcontainern mit 800 bzw. 1000 Liter Inhalt angeliefert. Das Spritzen aus Containern ist die effektivste und ökonomischste Art eine Wandfarbe zu applizieren", erläutert Caparol-Außendienstmitarbeiter Harald Scherübl. Die hochwertigen kontrollierten Baustoffe und Farben runden das anspruchsvolle Gesamtkonzept der Hauptverwaltung des Süddeutschen Verlags ab und verbessern die Lebensqualität an den Arbeitsplätzen.
Das bedeutet LEED
Mit LEED (Leadership in Energy and Environmental Design), einem Zertifikat des US Green Building Councils, das in Deutschland zunehmend an Bedeutung gewinnt, werden nachhaltige Gebäude klassifiziert. Beurteilt werden sechs Hauptkategorien: Nachhaltiger Standort, Wassereffizienz, Energie, Materialien und Ressourcen, Innenraumqualitäten sowie Innovation und Planungsprozesse. Gebäude, die darin mehr als 39 Punkte erzielen, bekommen eine Auszeichnung in Gold. Die Zentrale des Süddeutschen Verlags erreichte in der Zertifizierung 42 Punkte und bekam in den drei Bereichen Innovation, Energie- und Wassereffizienz nicht nur die höchste Punktzahl, sondern sogar Bonuspunkte für „Exemplary Performance". Das Schöne ist, dass die ökologischen Vorzüge des nachhaltigen Gebäudes auch ökonomisch zu Buche schlagen. Dies war auch für den Investor des SV-Hochhauses, die FOM Real Estate und die LBBW Immobilien GmbH und den Mieter Süddeutscher Verlag entscheidend. Der durch die LEED-Zertifizierung belegte schonende Umgang mit Ressourcen und ein deutlich reduzierter Primärenergiebedarf sorgen für eine verbesserte Wertsubstanz. Gleichzeitig steigen Attraktivität und Marktgängigkeit der ausgezeichneten Immobilie bei geringeren Lebenszykluskosten.
Bautafel
Objekt:
Zentrale Süddeutscher Verlag, München
Bauherr:
SV-Hochhaus Hultschiner Straße GmbH & Co. Vermietungs KG, Pöcking
Mieter:
Süddeutscher Verlag, München
Projektsteuerung/Generalplanung:
WSP CBP AG, München
Architekt:
GKK+Architekten Prof. Swantje Kühn, Oliver Kühn, Berlin
Handwerker:
Fa. Gerhard Schmitz GmbH, München
Auszeichnungen:
LEED-Zertifikat in Gold
Plakette des Deutschen Solarpreises 2010
Best Architect Award 10
Anerkennung des Europäischen Architekturpreises für Energie und Architektur 2011